Während Präsident Abdelmadjid Tebboune anlässlich des Unabhängigkeitstags des Landes bekannt gab, dass er 8’094 Personen begnadigt hat, ist völlig unklar, ob der Direktor von Radio M und Maghreb Émergent, Ihsane El Kadi, davon profitiert. Es ist ein bedenkliches Signal der Behörden, dass dieser prominente Journalist, der im Dezember 2022 willkürlich verhaftet wurde, weiterhin in Haft sitzt. Reporter ohne Grenzen (RSF) fordert die Regierung auf, El Kadi vollständig zu begnadigen und freizulassen.

Die Ungewissheit darüber, ob Ihsane El Kadi begnadigt wird oder nicht, hat einen bitteren Beigeschmack und darf nicht zu einer dunklen Zukunftsaussicht werden. Dieser Journalist hat im Gefängnis nichts zu suchen. Jede Strafe, die ihn seiner Freiheit beraubt, egal wie lange sie dauert, ist ungerecht. Es ist an der Zeit, dem Martyrium ein Ende zu setzen, das er und seine Familie seit nunmehr über 18 Monaten durchleben. Wir fordern die algerischen Behörden auf, ihn durch eine vollständige Begnadigung freizulassen, um die Gerechtigkeit wiederherzustellen.

Khaled Drareni
Vertreter von RSF in Nordafrika

Laut dem Begnadigungsdekret des Präsidenten, das am 4. Juli veröffentlicht wurde, könnte der Journalist Ihsane El Kadi unter Umständen von diesem Entscheid profitieren. Bis heute bleibt die Ungewissheit jedoch bestehen. Der Journalist wird seit dem 29. Dezember 2022 im Gefängnis El Harrach in der Hauptstadt Algier festgehalten.

Der Journalist inhaftiert, seine Medien geknebelt

Der Journalist war im Juni 2023 in einem Berufungsverfahren zu sieben Jahren Haft, davon fünf Jahre unbedingt, verurteilt worden. Der Grund: Er soll Gelder aus dem Ausland erhalten haben, «um Handlungen vorzunehmen oder dazu anzustiften, die der Sicherheit des Staates, der Stabilität und dem normalen Funktionieren der Institutionen, der nationalen Einheit, der territorialen Integrität, den grundlegenden Interessen Algeriens oder der öffentlichen Sicherheit und Ordnung schaden könnten». Diese Anklage konnte allerdings während seines Prozesses nicht belegt werden. In Wirklichkeit handelte es sich um Geldbeträge, die seine Tochter – die in London lebt und arbeitet und Aktionärin der Interface Médias-Gruppe, der Herausgeberin von Radio Met Maghreb Émergent, ist – geschickt hatte, um die Gehälter der Angestellten zu bezahlen.

Ihsane El Kadis Medium Radio M musste am 19. Juni seine Tätigkeit einstellen, und die Nachrichtenseite Maghreb Émergent sollte nach der gerichtlichen Bestätigung der Auflösung von Interface Médias am 13. Juni 2024 folgen. Das Berufungsgericht in Algier bestätigte zudem, dass seine Vermögenswerte beschlagnahmt worden sind. Ausserdem wurde gegen El Kadi eine Geldstrafe von zehn Millionen algerischen Dinar (ca. 70’000 Euro) verhängt. Nicht zuletzt wurde er zu einer Entschädigungszahlung von einer Million Dinar (ca. 7’000 Euro) an die Regulierungsbehörde für den audiovisuellen Sektor gezwungen.

RSF ist in der umfassenden internationalen Kampagne für die Freilassung des wegen seiner Unabhängigkeit und Geradlinigkeit geachteten Journalisten federführend. Die Organisation hat sich unter anderem an die Sonderberichterstatterin der Vereinten Nationen für die Förderung und den Schutz des Rechts auf Meinungsfreiheit und freie Meinungsäusserung, die UN-Arbeitsgruppe für willkürliche Inhaftierungen und die Media Freedom Coalition gewandt. RSF brachte zudem 16 Chefredaktoren aus 14 Ländern, darunter den Friedensnobelpreisträger Dmitri Muratow, zusammen, um El Kadis Freilassung zu fordern. Die von RSF initiierte internationale Petition für die Freilassung von Ihsane El Kadi hat ebenfalls bereits mehr als 20’000 Unterschriften gesammelt, von denen die ersten 13’000 vor der algerischen Botschaft in Paris abgegeben wurden.

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