Vertreter von rund zwanzig Staaten nahmen am Mittwoch, 24. September an einer Veranstaltung teil, die sich mit der Lage der Medienschaffenden in Gaza befasste. Die Berichte palästinensischer Journalistinnen und Journalisten aus Gaza, sowie von einem ihrer israelischen Berufskollegen, von Vertretern der Vereinigung ausländischer Pressevertreter in Israel und der Agence France-Presse (AFP) fanden zum ersten Mal seit zwei Jahren zusammen. Dies im Rahmen einer Ministerkonferenz zur Lage der Journalistinnen und Journalisten in Gaza im Hauptquartier der Vereinten Nationen. Die Initiative dazu ging von Reporter ohne Grenzen (RSF) und dem französischen Aussenministerium aus.

Die Sitzung hinter verschlossenen Türen wurde am Rande der UNO-Generalversammlung vom französischen Aussenminister Jean-Noël Barrot und dem Generaldirektor von RSF Thibaut Bruttin eröffnet und moderiert. Dabei wurde ein dringender Aufruf zur Mobilisierung der Mitgliedstaaten gestartet, um endlich von den israelischen Behörden den Schutz der Medienschaffenden in Gaza, die Öffnung des Gebiets für internationale Medien sowie die Evakuierung von Medienschaffenden in Not zu erreichen.

Der palästinensische Journalist Rami Abou Jamous, Korrespondent mehrerer französischer Medien wie Radio France, France 24 und France Télévisions, berichtete über seine Erfahrungen im Kontext seiner Zwangsumsiedlung aus Gaza-Stadt. Seine Kollegen, die Gaza vor einigen Monaten verlassen konnten, Rita Baroud, ehemalige Korrespondentin von La Repubblica, und Motaz Azaiza, Fotojournalist, meldeten sich ebenfalls zu Wort. Ebenfalls zu Wort kamen: Phil Chetwynd, Direktor für internationale Nachrichten bei der AFP, Tania Kraemer, Korrespondentin der Deutschen Welle in Jerusalem und Vorsitzende der Vereinigung ausländischer Pressevertreter in Israel, sowie der israelische Journalist Gideon Levy von der Zeitung Haaretz. Die Direktorin des Komitees zum Schutz von Journalisten (CPJ), Jodie Ginsberg, schloss die Sequenz ab.

Die Aussenminister von Katar, Finnland (Co-Vorsitzender der Koalition für Medienfreiheit) und Griechenland (Co-Vorsitzender der Gruppe der Freunde der Pressefreiheit bei den Vereinten Nationen) sowie die Vertreterin des Generalsekretärs der Vereinten Nationen für globale Kommunikationsfragen, Melissa Fleming, sprachen ebenfalls zu ihnen. Ebenfalls anwesend waren die Aussenminister des Libanon, Brasiliens, Chiles, Spaniens und Estlands sowie der deutsche Bundesbeauftragte für Menschenrechte. Dieses beispiellose Treffen fand im Hauptquartier der Vereinten Nationen vor vollem Haus statt.

«RSF dankt den Teilnehmerinnen und Teilnehmern, die durch ihre Wortmeldungen und ihre Anwesenheit in New York sowie durch ihr zukünftiges Handeln ihre Verbundenheit mit den Grundsätzen der Resolution 2222 des UNO-Sicherheitsrats zum Ausdruck gebracht haben. Zehn Jahre nach deren Verabschiedung sind deren Grundprinzipien zum Schutz von Medienschaffenden aktueller denn je. Die Lage der Journalistinnen und Journalisten in Gaza stellt eine grosse Herausforderung für den Schutz von Medienschaffenden in bewaffneten Konflikten dar. Die Verleumdungskampagnen und gezielten Angriffe der israelischen Streitkräfte dürfen nicht zu einer Banalisierung dieser Verbrechen und zu einem Rückschritt im Völkerrecht führen, das keine juristische Konstruktion und kein politisches Zierwerk ist, sondern eine moralische Verpflichtung. Darüber hinaus haben sich die Vertreter der internationalen Gemeinschaft auf die drei Schlagworte der von RSF am 1. September initiierten beispiellosen Mobilisierung der Medien weltweit geeinigt: Schutz, Offenheit und Evakuierung. Die palästinensischen Medienschaffenden warten nicht auf neue Versprechungen. Die Dringlichkeit ist unbestritten, Aktionen sind erforderlich.»
Thibaut Bruttin
Generaldirektor von RSF

Eine starke Initiative der Mehrheit aller Staaten muss nun die israelische Regierung zu konkreten Massnahmen gemäss den Resolutionen des UNO-Sicherheitsrats auffordern. Dabei geht es insbesondere um den Schutz von Medienschaffenden im Sinne der Resolution 2222 des UNO-Sicherheitsrats. RSF startete diesbezüglich bereits im Januar 2024 einen ersten Aufruf, der im Sommer 2025 erneut bekräftigt wurde. Denn die Lage für palästinensische Journalistinnen und Journalisten im Gazastreifen ist mittlerweile katastrophal.

Bekämpfung der Straflosigkeit von Verbrechen gegen Medienschaffende

Seit dem Angriff vom 7. Oktober 2023 in Israel und dem Beginn der Offensive im Gazastreifen wurden mindestens 210 Medienschaffende bei israelischen Operationen getötet, darunter 56 Fälle, bei denen RSF Grund zur Annahme hat, dass sie aufgrund ihrer journalistischen Tätigkeit gezielt angegriffen und getötet wurden. 

Wenn sie keine Reporter töten, zerstören oder beschädigen die Angriffe der israelischen Armee Gebäude, in denen Medien untergebracht sind, wie beispielsweise das Gebäude der Agence France-Presse (AFP) am 5. November 2023 sowie – gemäss Angaben der palästinensischen Mediengewerkschaft – mindestens 50 weitere Räumlichkeiten, in denen Medien untergebracht waren. 

Seit fast zwei Jahren ist internationalen Medien der Zugang zum Gazastreifen komplett verboten. Und die Evakuierung von Medienschaffenden wird von den israelischen Behörden bis auf wenige Ausnahmen weiterhin untersagt. Internationale Verbrechen gegen Journalistinnen und Journalisten in Gaza bleiben ungestraft, und Medienschaffende werden von den israelischen Behörden systematisch diffamiert und als Hamas-Terroristen bezeichnet, um gezielten Angriffe auf sie zu rechtfertigen.

Diese schreckliche Bilanz liegt in der Verantwortung Israels und belegt zweifelsfrei, dass es seine Pflicht zum Schutz der Zivilbevölkerung, insbesondere von Medienschaffenden, schuldhaft verletzt hat. Die Bilanz begründet auch die strafrechtliche Verantwortung der Urheber der Verbrechen gegen Medienschaffende, die RSF seit zwei Jahren in vier Klagen vor dem Internationalen Strafgerichtshof ICC in Den Haag (sowie in drei weiteren Klagen in den Jahren davor) angeprangert hat. Der Ankläger des ICC gab im Januar 2024 gegenüber RSF bekannt, dass Verbrechen gegen Journalistinnen und Journalisten in seine Ermittlungen einbezogen werden. Ein seltenes, aber umso wichtigeres Zeichen für seine Besorgnis über deren Lage.

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