Am 20. Juni wurden sieben aserbaidschanische Medienschaffende auf Basis falscher Anschuldigungen wie «Devisenschmuggel» zu sieben bis neun Jahren Haft verurteilt. Unter den Verurteilten ist auch die Chefredaktorin von Abzas Media, Sevinj Vagifgizi. Reporter ohne Grenzen (RSF) verurteilt dieses ungerechte Urteil, das sinnbildlich für die systematische Unterdrückung der unabhängigen Presse durch die Behörden in Aserbaidschan steht, und fordert die sofortige Freilassung der betroffenen Journalistinnen und Journalisten.

Letzte Woche hat das Gericht in Baku die Urteile im Fall des unabhängigen aserbaidschanischen Medienunternehmens Abzas Media gefällt: Neun Jahre Haft für den Direktor Ulvi Hasanli, die Chefredaktorin Sevinj Vagifgizi und den Journalisten Hafiz Babali; acht Jahre für die Journalistinnen Nargiz Absalamova und Elnara Gasimova; und sieben Jahre und sechs Monate für den stellvertretenden Direktor Mahammad Kekalov. Der ebenfalls in diesem Fall angeklagte Journalist des aserbaidschanischen Dienstes von Radio Free Europe/Radio Liberty (RFE/RL) Farid Mehralizada wurde zu neun Jahren Haft verurteilt.

Alle wurden ohne Beweise wegen «Devisenschmuggel» angeklagt und plädierten auf nicht schuldig. Um ihren Protest zum Ausdruck zu bringen, drehten die Medienschaffenden den Richtern bei der Urteilsverkündung den Rücken zu. Denn die Urteilsverkündung bestraft deren Ausübung ihres Berufs, den Journalismus.

Die Chefredaktorin Sevinj Vagifgizi ergriff das Wort: «Was die Regierung fürchtet, ist genau das, was wir zu schützen versuchen: die Wahrheit». Dann wandte sich Vagifgizi an die Richter: «Ich hoffe, dass Sie eines Tages die Gefängnismauern einreissen werden, die Sie um sich selbst errichtet haben, und dass Sie die Freiheit erlangen werden. Wir sind bereits frei.» Farid Mehralizada fasste den Prozess daraufhin in einem Satz zusammen: «Das Urteil, das Sie lesen werden, ist nicht das der Richter, sondern das derer, die unsere Verhaftung angeordnet haben.»

«RSF verurteilt die ungerechtfertigten Urteile gegen die Chefredaktorin von Abzas Media, Sevinj Vagifgizi, und sechs ihrer Kollegen nach einem Prozess, der für die systematische Unterdrückung des unabhängigen Journalismus in Aserbaidschan steht. Die Haftstrafen zwischen sieben und neun Jahren sind das Ergebnis eines rein politischen Prozesses, der auf fingierten Anschuldigungen beruhte und nur darauf abzielte, diejenigen zum Schweigen zu bringen, die Korruption und Ungerechtigkeiten aufdecken. Der Mut von Sevinj Vagifgizi und ihren Kolleginnen und Kollegen verkörpert die edelsten Werte des Journalismus. RSF fordert ihre sofortige Freilassung und ruft die internationale Diplomatie dazu auf, den Druck auf Baku zu verstärken.»
Anne Bocandé
Redaktionsleiterin von RSF

Die Anwälte plädierten auf Freispruch

In der vorherigen Verhandlung am 10. Juni plädierten alle Anwälte auf Freispruch und wiesen die Anschuldigungen gegen die Medienschaffenden als unbegründet zurück. «Sie sind nicht diejenigen, die in diesem Fall urteilen, Sie führen nur Befehle aus», erklärte Bahruz Bayramov, der Anwalt der Journalistin Elnara Gasimova.

Mehr als 15 Monate gerichtliche Schikanen

Die sechs Mitarbeiter von Abzas Media werden seit mindestens 15 Monaten willkürlich festgehalten. Der Journalist Farid Mehralizada von RFE/RL wurde im Mai 2024 verhaftet. Und der Prozess gegen Abzas Media ist Teil einer Welle der Repression der Behörden gegen den unabhängigen Journalismus im Land. Derzeit sitzen 25 Medienschaffende in den Gefängnissen des Landes – die meisten von ihnen wurden ebenfalls wegen «Devisenschmuggel» verurteilt.

Aserbaidschan belegt in der Rangliste der Pressefreiheit von RSF im Jahr 2025 Platz 167 von 180 erfassten Ländern und Gebieten.

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