RSF Schweiz ist alarmiert über die Entlassung der beiden einzigen Medienschaffenden von Protestinfo, der Presseagentur der protestantischen Kirchen der Romandie, in Zusammenhang mit ihren laufenden Recherchen. Unsere Organisation verurteilt diesen besorgniserregenden Eingriff in die Informationsfreiheit und die Unabhängigkeit des Journalismus.
Den beiden Medienschaffenden Anne-Sylvie Sprenger und Lucas Vuilleumier wurde kein Fehlverhalten zur Last gelegt. Sie mussten jedoch für ihre beharrlichkeit bezahlen, mit der sie Sachverhalte von öffentlichem Interesse ans Licht gebracht hatten. Sie bereiteten einen Artikel vor, der in der Zeitung Le Temps erscheinen sollte und sich mit der Aufarbeitung älterer Verdachtsfälle sexuellen Missbrauchs durch einen Theologen innerhalb der Evangelisch-Reformierten Kirche des Kantons Waadt befasste.
Die Conférence des Eglises protestantes romandes, Arbeitgeberin der beiden Medienschaffenden, rechtfertigte sich in Le Temps mit einer «anhaltenden Meinungsverschiedenheit» bei der Suche nach einem «Gleichgewicht zwischen redaktioneller Freiheit und institutioneller Verantwortung». Diese Formulierung verweist auf die offenbar bereits länger bestehenden Spannungen zwischen dem Wohlwollen, das die Kirchen von «ihrer» Presseagentur erwarten, und deren Aufgabe, Inhalte zu produzieren, die in jeder Hinsicht den berufsethischen und qualitativen Standards des Journalismus entsprechen, insbesondere im Hinblick auf die redaktionelle Unabhängigkeit.
RSF Schweiz bedauert, dass die zuständigen Kirchengremien die Unabhängigkeit von Protestinfo nicht über andere Erwägungen gestellt haben. Diese Unabhängigkeit, so erinnert unsere Organisation nachdrücklich, steht im Mittelpunkt des Informationsauftrags der Medien und muss kompromisslos verteidigt werden. Aus dieser Sicht ist der Weggang der beiden Medienschaffenden von Protestinfo weder für den Journalismus noch für das Recht der Öffentlichkeit auf Information eine gute Nachricht, und wahrscheinlich auch nicht für die Kirchen selbst, deren Fähigkeit, eine Presseagentur zu betreiben – ein in seiner Art ziemlich einzigartiges Modell –, nun ernsthaft in Frage gestellt werden kann.