Erol Önderoğlu, Vertreter von Reporter ohne Grenzen (ROG) in der Türkei, ist am 17. Juli nach einem drei Jahre dauernden Verfahren freigesprochen worden. Einen Freispruch gab es auch für seine Mitangeklagten, die Menschenrechtsaktivistin Şebnem Korur Fincancı und den Schriftsteller Ahmet Nesin. Doch Önderoğlu steht vor einem weiteren Prozess, der am 7. November beginnen soll.

Freispruch für den Vertreter von Reporter ohne Grenzen (ROG) in der Türkei, Erol Önderoğlu, die Menschenrechtsaktivistin Şebnem Korur Fincancı und den Schriftsteller Ahmet Nesin. Sie waren wegen einer Solidaritätskampagne der «terroristischen Propaganda», der «Duldung von Verbrechen» und der «Anstiftung zum Verbrechen» angeklagt worden. Denn wie rund 50 weitere bekannte Persönlichkeiten hatten sie Mitte 2016 je symbolisch für einen Tag die kurdische Zeitung Özgür Gündem geleitet, die gerichtlich verfolgt wurde. Dies, um die Medienvielfalt zu verteidigen. Özgür Gündem wurde im August 2016 gewaltsam geschlossen.

Das Gerichtsverfahren gegen Önderoğlu, Korur Fincancı und Nesin dauerte drei Jahre, mehrfach wurde der Prozess verschoben. Für Önderoğlu ist die Zeit der Prozesse mit dem Freispruch aber noch nicht vorbei: Er wird in einem zweiten Prozess, der am 7. November beginnen soll, erneut der «terroristischen Propaganda» beschuldigt, zusammen mit 16 weiteren Aktivisten. Sie alle hatten ihre Solidarität mit Hunderten von Hochschullehrern bekundet, die im Zusammenhang mit einer pazifistischen Petition verfolgt werden.

«Der Freispruch von Erol Önderoğlu ist ein aussergewöhnlicher Sieg für Gerechtigkeit und Informationsfreiheit in einem Land, in dem beide täglich mit Füssen getreten werden», sagte Christophe Deloire, Generalsekretär von ROG International: «Unsere tiefe Erleichterung ist leider von Bitterkeit durchzogen, da unser Korrespondent in vier Monaten wieder vor Gericht stehen wird. Die Art und Weise, wie dieser wichtige Verteidiger der Pressefreiheit schikaniert wird, ist eine schwerwiegende Ungerechtigkeit. Wir fordern die türkische Justiz auf, den gleichen gesunden Menschenverstand wie heute zu beweisen und diese neuen Anklagen unverzüglich fallen zu lassen.»

Önderoğlu selbst sagte nach dem Prozess: «Ich danke allen, die uns während dieses Verfahrens unterstützt haben. Der Kampf für alle unsere Kollegen, die zu Unrecht verfolgt oder inhaftiert wurden, geht weiter.»

Die ohnehin bereits besorgniserregende Situation der türkischen Medien ist seit dem Putschversuch von Juli 2016 kritisch geworden. Viele Medien wurden kurzerhand geschlossen, ohne jede Rekursmöglichkeit, und es finden Massenverurteilungen statt. Die Türkei hält heute den «Weltrekord» für die Zahl der inhaftierten professionellen Medienschaffenden. In der Rangliste der Pressefreiheit 2019 von ROG belegt sie Platz 157 von 180 Ländern.

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