Während sie über die Aktivitäten der Sumud Flotilla berichteten, wurden mehrere Medienschaffende nach der illegalen Festsetzung der Schiffe auf dem Weg nach Gaza in israelischen Gefängnissen festgehalten. Einige Tage später stoppten israelische Streitkräfte auf hoher See die Flotilla «Thousand Madleens to Gaza», darunter das Schiff «Conscience», und nahmen erneut mehrere Medienschaffende fest, die lediglich ihrer Arbeit nachgingen. Zwei von ihnen berichten gegenüber RSF von Misshandlungen, die gegen das Völkerrecht verstossen. RSF verurteilt diese Inhaftierungen und die Gewalt der israelischen Behörden gegenüber diesen Medienschaffenden aufs Schärfste.

«Bereits die Festnahme der Medienschaffenden auf der Flotilla bereits eine eklatante Verletzung des Rechts auf Information dar. Aber die Misshandlungen und sogar die Gewalt, denen sie ausgesetzt waren, sind inakzeptabel. Während die israelische Armee bereits mehr als 210 Journalistinnen und Journalisten in Gaza getötet hat, behindern die Behörden weiterhin die Pressefreiheit und greifen internationale Medienschaffenden an, denen die Einreise in das Gebiet bereits verboten ist. RSF fordert ihren Schutz sowie den Schutz palästinensischer Medienschaffender und wiederholt die Forderung, den Gazastreifen für die ausländische Presse zu öffnen.»
Jonathan Dagher
Leiter des Nahost-Büros von RSF

«Als wir im Hafen von Ashdod ankamen, wurden wir von unerhörter Gewalt getroffen», berichtet der Journalist Émilien Urbach von der Tageszeitung L’Humanité gegenüber RSF, nachdem er am Montag, dem 6. Oktober, nach vier Tagen im israelischen Gefängnis Ketziot in der Negev-Wüste nach Frankreich zurückgekehrt worden war. Nachdem er von den israelischen Behörden festgenommen und an Land gebracht worden war, versuchte er, seinen Presseausweis vorzuzeigen und sich als Journalist auszuweisen. «Das ist mir egal», habe ihm ein Soldat entgegnet und warf das Dokument zu Boden. Damit war der Ton angegeben.

Zwischen dem 1. und 3. Oktober haben die israelischen Behörden alle Schiffe der humanitären Sumud Flotilla, die in Richtung Gaza unterwegs waren, illegal geentert. Diese Aktion wurde nach Informationen von RSF von mindestens zwanzig internationalen Medienschaffenden begleitet. Diese wurden ebenso wie die gesamte Besatzung von etwa 500 Personen von der israelischen Armee mit Handschellen gefesselt und eingesperrt.

Die Menschenrechtsorganisation Adalah, die ihre Verteidigung übernommen hat, kritisierte, dass viele Personen ohne ihren Anwalt vor Gericht erscheinen mussten. Darüber hinaus wurden laut Aussagen mehrerer kürzlich freigelassener Personen allen ausreichend Wasser und Nahrung sowie ihre teilweise lebenswichtigen Medikamente vorenthalten. «Sie haben mir meine Sachen, meine Medikamente und meine Geräte weggenommen und sich geweigert, sie mir zurückzugeben. Die Durchsuchung war äusserst demütigend: Sie warfen meine Sachen in den Müll und sagten mir, ich würde sie im Gefängnis wiederfinden, aber ich habe nichts zurückbekommen», berichtet Lotfi Hajji, Direktor der tunesischen Abteilung des katarischen Medienunternehmens Al Jazeera, dem bis zu seiner Freilassung am 4. Oktober mehrere Tage lang seine Medikamente vorenthalten wurden.

Eine unrechtmässige und unmenschliche Inhaftierung

Nach ihrer illegalen Festnahme auf See werden die Teilnehmer der Flotilla zum Hafen von Ashdod gebracht. Dort werden sie mehrere Stunden lang mit dem Kopf auf dem Boden kniend festgehalten. Émilien Urbach beschreibt, wie israelische Soldaten mehrere Personen zu Boden drückten und sie damit «grundlos demütigten». Anschliessend wurde die gesamte Besatzung «ausgeraubt», bevor sie mit verbundenen Augen in ein Fahrzeug mit eiskalter Klimaanlage gesetzt wurden. Andere hingegen wurden in überhitzte Busse gebracht. «Eine Form der Folter», beschreibt Émilen Urbach.

Am nächsten Tag wurden sie nach Kteziot gebracht, einem Hochsicherheitsgefängnis in der Negev-Wüste, 150 Kilometer von der Küste entfernt. Dort wurden die Gefangenen zu zehnt in einer Zelle bei drückender Hitze eingesperrt und ihrer grundlegendsten Rechte beraubt. «Wir mussten Leitungswasser aus der Toilette trinken, das mit Fäkalien verseucht war», berichtete der palästinensisch-britische Journalist Kieran Andrieu in einem Interview mit dem Sender Sky News.

«Zwei Mahlzeiten in vier Tagen, keine Spaziergänge, keine Telefonate – und das alles ohne rechtliche Grundlage», erinnert sich Émilien Urbach. In seiner Zelle gab es acht Betten für 15 Gefangene. Nachts schalteten die Wärter das Licht ein, um sie am Schlafen zu hindern, und zweimal bedrohte sie ein Wärter, indem er den Lauf seiner Waffe durch die Gitterstäbe steckte.

Mehr noch, einige Medienschaffende, sollen von israelischen Soldaten geschlagen worden sein. Laut dem marokkanischen Aktivisten Ayoub Habraoui wurde sein Zellengenosse, der tunesische Fotojournalist Yassine Gaidi, mehrfach ins Gesicht geschlagen und auf die Hände getreten. «Wir haben durch Aussagen seiner Mitgefangenen, die am Samstag freigelassen wurden, erfahren, dass Yassine während seiner illegalen Inhaftierung besonders von den Übergriffen betroffen war. Wir hatten etwa 24 Stunden lang keine Nachrichten von ihm. Die Anwälte, die ihn besuchen wollten, warteten mehr als zehn Stunden im Hochsicherheitsgefängnis von Ketziot», berichtet Thameur Mekki, Chefredakteur des Medienunternehmens Rachma, mit dem Yassine Gaidi zusammenarbeitet.

Der tunesische Fotojournalist wurde schliesslich am Dienstag, dem 7. Oktober, freigelassen und nach Jordanien geschickt. «Wir sind erleichtert über seine Freilassung und die Einleitung des Rückführungsverfahrens. Er muss sich umgehend in ärztliche Behandlung begeben. Es ist an der Zeit, den Verbrechen der israelischen Besatzungsarmee gegen Medienschaffende und der Straffreiheit der Regierung Netanjahu ein Ende zu setzen», so Thameur Mekki weiter.

Am 8. Juni hatten die israelischen Behörden bereits illegal zwei Medienschaffende festgenommen, Omar Faiad vom katarischen Sender Al-Jazeera und Yanis Mhamdi von der französischen Nachrichtenwebsite Blast, die sich an Bord der Flotilla Madleen befanden. Der erste wurde unter Auflagen freigelassen, nachdem er mehr als 24 Stunden festgehalten worden war, der zweite nach acht Tagen.

Weitere illegale Festsetzung: Die Flotilla «Thousand Madleens to Gaza»

Am 7. und 8. Oktober 2025, wenige Tage nach der Festnahme der Mitglieder der Sumud, enterten israelische Marineeinheiten zudem die Schiffe der Flotte «Thousand Madleens to Gaza», die wenige Tage zuvor mit friedlichen Aktivisten und mindestens 19 Medienschaffenden aus verschiedenen Ländern an Bord ausgelaufen waren. Ihre Mission: über eine humanitäre Initiative zu berichten, die darauf abzielte, die von den israelischen Behörden verhängte Blockade des Gazastreifens zu durchbrechen. Die Schiffe wurden auf hoher See abgefangen, was einen Verstoss gegen das internationale Seerecht darstellt. Nach Informationen von RSF konnte bisher kein direkter Kontakt zu den inhaftierten Journalistinnen und Journalisten hergestellt werden. Seit ihrer Festnahme konnten die Reporter weder ihre Redaktionen noch ihre Familien kontaktieren.

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