Während Google Discover – die Empfehlungsfunktion für Inhalte von Google – die wichtigste Quelle für Medienzugriffe ist, wird der Dienst mittlerweile von Websites mit effekthascherischen Überschriften und zweifelhaften oder gar völlig falschen Informationen unterwandert. Das gefährdet zuverlässige Informationen akut. Reporter ohne Grenzen (RSF) fordert Google daher auf, die Zugangsvoraussetzungen für diese Funktion zu verschärfen, um authentische journalistische Medien zu fördern.

Im Juni dieses Jahres kündigte ein Artikel auf der Website labottega-pinseria.fr die Schliessung der Bekleidungskette Promod an. Die Nachricht wurde in Google Discover, der Liste der von Google empfohlenen Artikel, indexiert und verbreitete sich damit rasch im Internet. Und sie zwang die Marke, diese klare Falschmeldung zu dementieren. Nach dieser Mitteilung wurde der Inhalt entfernt. 

Die Geschichte ist exemplarisch und bei weitem kein Einzelfall. Denn Google Discover ist zum Lieblingsspielplatz für Websites geworden, die KI-generierte Informationen veröffentlichen und sich gleichzeitig als journalistische Nachrichtenseiten tarnen. Viele von ihnen wurden bereits wegen der Verbreitung falscher Informationen über Ladenschliessungen angeprangert, während andere ihre «Informationen» offenbar aus der Zukunft beziehen. Das zeigt der Fall der Website mika-conduite.fr, die auf der Startseite von labottega-pinseria.fr erscheint. So kündigte diese Seite am 7. Juli 2025 an, dass alle Bäume, die über die Dächer einer Ortschaft ragten, abgesägt werden sollten. Die Quelle? Ein Dekret vom 28. Juli 2025 – drei Wochen nach dem Datum der Veröffentlichung.

Es gibt unzählige solche gefälschte Nachrichtenseiten, die von KI generiert werden. Das Medienunternehmen Next hat mehr als 4.000 davon identifiziert. Teilweise wurden diese mit dem Ziel erstellt, die Schwachstellen des Discover-Algorithmus auszunutzen. Bei einigen funktioniert das offenbar sehr gut.

Über 800 Mal auf Google Discover beworben, bevor es geschlossen wurde

Die Website labottega-pinseria.fr tauchte nicht erst mit der Promod-Affäre in Google Discover auf. Laut Gnews Analyzer  wurden insgesamt mindestens 844 Artikel der Website vom Google-Algorithmus beworben.

Die Frequenz der Publikationen ist dabei enorm: Eine Google-Suche, die sich ausschliesslich auf die Veröffentlichungen vom 10. Juli konzentriert, liefert demanch mehr als 35 Seiten mit Ergebnissen. Laut der Analyse von RSF lässt sich eine solche Produktivität nur durch den Einsatz generativer KI erklären – oder durch Dutzende erfahrene Journalistinnen und Journalisten. Die veröffentlichten Artikel sind jedoch lediglich mit einem obskuren «LaRédaction» signiert. Sie erzählen zudem Geschichten, die in der Regel nicht überprüfbar sind, und stehen neben Kochrezepten oder praktischen Tipps, die die Besucher zum Klicken verleiten sollen.

RSF wandte sich für diesen Bericht an den Verantwortlichen der Website, um weitere Informationen über die redaktionellen Richtlinien sowie die Arbeitsmittel der Redaktion zu erhalten. Eine Antwort erhielt RSF jedoch nicht. Am Tag darauf, dem 11. Juli, war die Website dann nicht mehr online.

Die Kriterien für die Aufnahme in Google Discover verschärfen

Google Discover ist ein leistungsstarker Algorithmus, der auf die Interessen der Nutzer abgestimmt ist und als TikTok für Webinhalte angesehen werden kann. Seit 2024 ist Google Discover zudem die wichtigste Traffic-Quelle für französische Medien. Laut dem Verbreitungsbarometer der Alliance pour la presse d’information générale (APIG) waren das im Jahr 2024 damit mehr als 500 Millionen Klicks auf Presseartikel. Falsche Nachrichtenseiten konkurrieren dabei permanent mit journalistischen Medien.

Einige dieser falschen Nachrichtenseiten zögern dabei nicht, sich bei Inhalten herkömmlicher Medien zu bedienen. Erst im Mai 2025 ordnete etwa das Pariser Gericht die Sperrung der Website Newsday Fr an, nachdem rund vierzig französische Medien sie wegen Diebstahls ihrer Inhalte verklagt hatten. Diese Entscheidung ist erwähnenswert, betrifft aber nur eine einzige Website unter Tausenden. Um das Problem zu lösen, muss direkt bei Google Discover interveniert werden.

«Die Leichtigkeit, mit der unseriöse Websites in Discover auftauchen, wirft Fragen zur Funktionsweise des Google-Dienstes auf. Es ist dringend notwendig, diese Mängel zu beheben und die Verbreitung falscher Nachrichten zu verhindern. Eine manuelle Sperrung reicht nicht aus, denn diese Websites sind wie Hydras. Wir fordern Google auf, die Auswahlkriterien zu verschärfen und ihre Einhaltung besser zu kontrollieren, bevor die Nutzerinnen und Nutzer von den falschen Informationen überschwemmt werden, die von diesen digitalen Druckmaschinen am Laufmeter produziert werden. Die Verwendung technischer Standards wie der Journalism Trust Initiative (JTI) ist zudem ein hervorragendes Mittel, um den Nutzern den Zugang zu Medien zu gewährleisten, die die journalistischen Standards einhalten.»
Vincent Berthier
Leiter des Büros für Technologie und Journalismus bei RSF

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