Reporter ohne Grenzen (RSF) schliesst sich der Klage der Foreign Press Association (FPA) in Jerusalem vor dem Obersten Gerichtshof Israels an. Mit diesem Rechtsmittel soll erreicht werden, dass Medienschaffenden der Zugang zum Gazastreifen gewährt wird, der ihnen seit Oktober 2023 verwehrt ist. Im Hinblick auf eine erste Anhörung, die für den 23. Oktober angesetzt ist, hat die Organisation am 15. Oktober einen Amicus-Curiae-Schriftsatz beim Obersten Gerichtshof eingereicht. In dieser sachlichen und rechtlichen Argumentation prangert RSF eine Verletzung der Pressefreiheit und des Rechts auf Information über den Gazastreifen an.
«Einerseits verhängt die israelische Regierung seit zwei Jahren eine totale Blockade gegen die unabhängige Einreise von Medienschaffenden, seien es israelische oder internationale Journalistinnen und Journalisten, nach Gaza, andererseits wurden mehr als 210 palästinensische Journalistinnen und Journalisten in Gaza getötet, davon mindestens 56 während oder aufgrund ihrer journalistischen Tätigkeit, und sie sind systematischer Verunglimpfung ausgesetzt. Das Ergebnis: eine beispiellose Verletzung des Rechts der Öffentlichkeit auf zuverlässige, unabhängige und pluralistische Informationen sowie der Pressefreiheit. Der Oberste Gerichtshof hat nun die Möglichkeit, angesichts der weit verbreiteten Propaganda, Desinformation und Zensur endlich grundlegende demokratische Prinzipien durchzusetzen und zwei Jahre der systematischen und hemmungslosen Zerstörung des Journalismus in und über Gaza ein Ende zu setzen. Keine Entschuldigung, keine Einschränkung kann rechtfertigen, Gaza nicht für internationale, israelische und palästinensische Medien zu öffnen. Diesen Appell richten wir an den Obersten Gerichtshof Israels, indem wir uns der Klage der Foreign Press Association anschliessen.»
Antoine Bernard
Direktor für Advocacy und Unterstützung bei RSF
Seit dem 7. Oktober 2023 hat Israel den Zugang zum Gazastreifen gesperrt und Journalistinnen und Journalisten von ausserhalb des belagerten Gebiets den unabhängigen Zugang untersagt. Um diesem Verbot entgegenzuwirken, schliesst sich RSF der Klage der Foreign Press Association (FPA) in Israel an, um gerichtlich die Öffnung der Grenzen des Gazastreifens für den unabhängigen Zugang von Medienschaffenden zu erreichen. Zu diesem Zweck reichte die Organisation am 15. Oktober 2025 beim Obersten Gerichtshof Israels einen Amicus-Curiae-Schriftsatz ein – ein Dokument, das den Richtern zusätzliche Informationen liefert, um die Position der FPA zu untermauern.
Ein beispielloser Eingriff in das Recht der Öffentlichkeit auf Information
Zwar konnten seit dem 7. Oktober 2023 einige wenige Medienschaffende, vor allem Israelis, in den Gazastreifen einreisen, doch wurde ihnen der Zugang nur unter der Bedingung gewährt, dass sie sich bereit erklärten, sich der israelischen Armee anzuschliessen. Die sehr strengen und kontrollierten Bedingungen erlauben keine ordnungsgemässe Ausübung journalistischer Arbeit und beeinträchtigen somit drastisch die Pressefreiheit und das damit verbundene Recht der Öffentlichkeit auf Information.
Vor diesem Hintergrund hat die Vereinigung der Auslandspresse, die etwa 400 Korrespondenten internationaler Medien vertritt (La Stampa, BBC, Financial Times, France 24, Time, Die Zeit, Le Monde, Reuters, Fox News, Guang Ming Daily, CCTV, Sky News, RTBF, Al Arabiya News Channel, The New York Times, Rai Unousw.) in Israel, im Westjordanland und im Gazastreifen, beschlossen, diese israelische Politik gerichtlich anzufechten. Nachdem eine erste Klage in den ersten Monaten der Offensive abgewiesen worden war, wurde die Prüfung dieser zweiten Klage vom Obersten Gerichtshof bereits sechs Mal vertagt.
Eine Blockade, die bedeutet, dass palästinensische Medienschaffende ihrem schrecklichen Schicksal überlassen bleiben
RSF unterstützt die Arbeit der FPA mit dem Ziel, ihr anspruchsvolles Verständnis des Rechts der Öffentlichkeit auf Information zu verteidigen: den Zugang zu einer Vielzahl freier, unabhängiger und pluralistischer Informationsquellen.
Indem sie ihren internationalen Kollegen den Zugang zum Gazastreifen verwehrt, isoliert die israelische Blockade die Medienschaffenden aus Gaza noch stärker, die nicht nur unter extremen Bedingungen über die Lage vor Ort berichten müssen, sondern auch allein mit Verleumdungen konfrontiert sind. RSF hat dokumentiert, wie Medienschaffende aus Gaza seit Beginn der verheerenden israelischen Gegenoffensive in den palästinensischen Gebieten ständig diffamiert und bedroht werden. Die Verleumdungskampagnen gegen sie reichen von der Verbreitung gefälschter Bilder bis zur Einrichtung einer Online-Plattform, die sie diskreditieren soll. In einigen Fällen dienten die Vorwürfe der israelischen Behörden gegen palästinensische Journalistinnen und Journalisten sogar als Rechtfertigung für deren gezielte Tötung durch die israelische Armee.
Die Einreichung dieses Amicus curiae Schriftsatzes erfolgt weniger als einen Monat nach der fünften Beschwerde, die RSF beim Internationalen Strafgerichtshof wegen Verbrechen der israelischen Armee gegen Medienschaffende in dem Gebiet eingereicht hat.