Maxime Audinet ist Spezialist für russische Politik und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für strategische Forschung der Militärhochschule in Frankreich (IRSEM). Er ist Autor des Buches Un média d’influence d’État. Enquête sur la chaîne russe RT (INA, 2024) und Spezialist für die Verbreitung der Kreml-Propaganda in Afrika. Für RSF analysiert er die verschiedenen Akteure der russischen Propaganda.

Das Interview wurde von den Teams von Reporter ohne Grenzen (RSF) in Paris geführt.

Wer sind die «Vertragspartner» und «Einflussunternehmer», die laut Ihren Schriften zum Kosmos der Propagandaakteure gehören?

Es gibt sogenannte «Einflussunternehmer», darunter russische oder afrikanische Akteure, die Dienstleistungen im Bereich Einflussnahme der öffentlichen Meinung oder Desinformation anbieten, um die Aussenpolitik Russlands und dessen Legitimierung auf dem afrikanischen Kontinent zu unterstützen. Die Ausweitung der russischen Präsenz erzeugt dort Finanzströme, die diese Akteure für sich nutzen wollen. So entsteht ein transnationaler Markt der Einflussnahme, der sich in Russland strukturiert und sich in die Bereiche der russischen Propaganda ausweitet. Auf diesem Markt versuchen diese Unternehmer, Aufträge, Dienstleistungen und manchmal öffentliche Aufträge zu erhalten, um ein Wirtschaftsmodell aufzubauen. Dieses basiert auf Einflussnahme- oder Desinformationskampagnen. Bei den entsprechenden Auftragnehmern handelt es sich um Unternehmen, die direkt vom russischen Staat mit der Durchführung von Desinformationskampagnen beauftragt werden, vor allem in Russland selbst. Es ist eine Art neoliberales Modell der Auslagerung privater Kompetenzen in einem autoritären Kontext, das der Einflussnahme dient.

Und wie sieht das in Afrika aus?

In Afrika wurde dieses Modell der Einflussunternehmer 2013 mit dem Projekt Lakhta – auch bekannt als Internet Research Agency – des verstorbenen, früheren Chefs der Wagner-Miliz Evgeny Prigozhin ins Leben gerufen. Diese russischen Akteure verkauften einen Einflussdienst nach unternehmerischen Gesichtspunkten, um die russische Präsenz zu legitimieren. Auch in der Zentralafrikanischen Republik, in Mali oder Benin gab es Medienschaffende oder Medienunternehmer, die erkannt hatten, dass sie sich durch die Produktion russlandfreundlicher Inhalte bereichern konnten. Es gibt also auch eine Logik der Korruption von Journalistinnen und Journalisten. In diesen Ländern stützt sich Russland, um seine Berichte und seine Propaganda zu «waschen», auf lokale Akteure, die selbst ein Interesse daran haben, insbesondere ein lukratives. Hier kommt es zu Vertragsabschlüssen der Vergabe von Unteraufträgen. Diese Praktiken sind überall auf der Welt zu beobachten. In Afrika ist diese Art von Praxis jedoch unter anderem wegen der fragilen und prekären Informations- und Medienökosysteme viel einfacher umzusetzen.

Kann man die Online-Newsseite African Initiative als einen solchen «Vertragspartner des russischen Einflusses» betrachten?

Ja, dabei handelt es sich um eine selbsternannte Nachrichtenagentur, die zu einem privaten Unternehmen namens «INITSIATIVA-23» mit Sitz in Moskau gehört. Die schrittweise Ablösung der Wagner-Gruppe in Afrika erfolgte auf zwei Ebenen: durch das Africa Corps im militärischen Bereich und eben durch die African Initiative im Informationsbereich. Es handelt sich um ein Projekt, das vom russischen Staat, insbesondere vom Verteidigungsministerium und vom Generalstab der Streitkräfte (GRU), geleitet wird.

Sie haben einen Durchbruch bei der Berichterstattung über Afrika in den russischen Staatsmedien RT und Sputnik festgestellt. Wie kam es zu dieser Entwicklung?

Sputnik begann bereits seit dem Russland-Afrika-Gipfel in Sotschi 2019 seine Präsenz in Afrika, insbesondere im französischsprachigen Teil, zu verstärken. Dies geschah, indem es Netzwerke von Korrespondentinnen und Korrespondenten vor Ort mobilisierte. Ausserdem initiierte es ein Phänomen, das sich nach dem Einmarsch in die Ukraine 2022 noch verstärkte: Partnerschaften mit afrikanischen Medien, um Inhalte auszutauschen oder Journalistinnen und Journalisten auszubilden. RT lancierte dies im Februar 2022, als die RT-Sender und ihre Ausstrahlungen in der Europäischen Union ausgesetzt wurden. Seitdem wendet sich RT France anderen Zielgruppen zu, insbesondere in Afrika. Daraufhin eröffneten sie einen englischsprachigen Kanal und einen Kanal in Amharisch, der Amtssprache Äthiopiens. RT France verlegte seine Büros nach Moskau und verstärkte gleichzeitig die Berichterstattung über afrikanische Nachrichten erheblich. Dies lässt sich in den lexikometrischen Analysen beobachten: Die Begriffe «Afrika», «Afrikaner» usw. kommen nun viel häufiger vor. Auf dem englischsprachigen Kanal von RT widmet sich heute ein Viertel aller Inhalte Afrika.

Im Kreml-Vokabular ist «antikoloniale» Rhetorik sehr präsent. Kann man sie mit den Diskursen gegen den amerikanischen Imperialismus vergleichen, auf denen die russischen Narrative in Lateinamerika basieren?

Ja, ganz und gar. Übrigens gibt es diesen antiimperialistischen Diskurs schon seit langem auf RT in spanischer Sprache – gegründet 2009. Lateinamerika geriet schon viel früher ins Visier des informativen Einflusses Russlands. Damals war es für diese Medien eine Priorität, die USA zu diskreditieren. Dies entsprach auch einer Nachfrage: Das lateinamerikanische Publikum, das den von Russland vertretenen Narrativen zustimmt, ist oft antiimperialistisch, bolivaristisch und antiamerikanisch. Das ist eine der grossen Stärken der russischen Medienpropaganda: ihre Anpassungsfähigkeit. Sie passt sich dem Zielpublikum an. Es gibt zwar gemeinsame Nenner – etwa die Ablehnung des liberalen, interventionistischen Westens –, aber diese Medien verstehen es auch, in ihrem Ansatz überparteilich zu sein. Es handelt sich also nicht um starre Propaganda. So lässt sich eine Kompatibilität zwischen dem antiimperialistischen Diskurs von RT auf Spanisch, der sich vor allem gegen die Macht der USA richtet, und dem antikolonialistischen Diskurs in Afrika feststellen, der sich im Wesentlichen gegen Frankreich und zunehmend auch gegen das Vereinigte Königreich richtet.

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