Die Verteidigung zuverlässiger Informationen bedeutet auch, die Propagandamechanismen zu durchschauen, die aus ideologischen Gründen dagegen arbeiten. Reporter ohne Grenzen (RSF) veröffentlichte letzte Woche einen neuen Bericht, der alle Inhalte des Projekts «Propaganda Monitor» zusammenfasst. Dabei handelt es sich um eine spezielle Website, die Propaganda- und Desinformationsmechanismen aufdeckt, um besser gegen sie vorgehen zu können. Diese Publikation, die sich mit den Strategien des Kremls in Russland und auf internationaler Ebene befasst, wurde von Karikaturisten des Netzwerks Cartooning for Peace illustriert.

Bericht lesen (auf englisch)

Die erste Serie von Artikeln über den Propaganda Monitor, einem Untersuchungsprojekt von RSF zur geopolitischen Wirkung von Propaganda, widmet sich dem Russland von Wladimir Putin, wo staatliche Propaganda als zentrales Instrument der Innen- und Aussenpolitik eingesetzt wird.

Um seine eigene Darstellung durchzusetzen, hat der Kreml ein vielfältiges Propaganda-Ökosystem aufgebaut, das staatliche Medien, Online-Kanäle, Influencer und parallele Strukturen miteinander verbindet. Die Akteure sind vielfältig: RT, Sputnik, Wagner. Die Instrumente und Strategien ebenso: Verzerrung der Realität, Desinformationskampagnen, Identitätsdiebstahl oder sogar die Gründung gefälschter Journalistenschulen.

Seit über einem Jahr dokumentiert RSF solche Akteure, Netzwerke und Mechanismen in Russland sowie auf internationaler Ebene, unterstützt von einem Expertenkomitee zu diesem Thema mit Sitz in Frankreich, in Serbien, im Senegal und in Kolumbien. RSF veröffentlicht die erweiterte Zusammenstellung dieser Arbeit nun in einer zweisprachigen Version, illustriert vom Netzwerk der Pressezeichner Cartooning for Peace.

« Seit langem träumt Moskau davon, alle Alternativen zu seiner Weltanschauung zum Schweigen zu bringen. Und das internationale Umfeld begünstigt dieses Bestreben. Die Entscheidung von Donald Trump vom 14. März 2025, die US-Agentur für globale Medien (USAGM) aufzulösen, wurde vom Kreml mit Zufriedenheit aufgenommen: Weniger unabhängige Stimmen bedeuten mehr Raum für russische Narrative. Aber mit dem Propaganda Monitor ist die Idee einfach: Wir müssen angesichts der Propaganda wieder die Oberhand gewinnen. Das Ziel ist klar: Den Bürgerinnen und Bürgern Verständnishilfen an die Hand zu geben, damit sie sich nicht einem Diskurs unterwerfen, der den russischen Interessen dient und der sich mit beunruhigender Geschwindigkeit verbreitet.»
Thibaut Bruttin
Generaldirektor von RSF

Die wichtigsten Informationen aus dem Bericht
  1. Organisierte Unterdrückung von Journalistinnen und Journalisten sowie Medien

Um eine einheitliche Berichterstattung im Dienste einer autoritären und imperialistischen Macht zu etablieren, hat das Regime von Wladimir Putin mittels zahlreicher Gesetze nach und nach die Kontrolle über eine Medienlandschaft übernommen, die sich in den 1990er Jahren geöffnet hatte.

Die Verabschiedung von Gesetzen «über ausländische Agenten» und «unerwünschte Organisationen» bekräftigt den Willen des Kremls, Medien und Medienschaffende zu stigmatisieren und ihnen die Ausübung ihrer Informationsfunktion zu erschweren oder sogar zu verhindern.

Diese Einschränkung der Medien geht einher mit einer direkten Verfolgung von Medienschaffenden: 48 von ihnen befinden sich weiterhin in Haft, darunter 26 Ukrainer. Die russischen Streitkräfte töten sie auch im Krieg, den sie in der Ukraine führen. Seit Februar 2022 starben zwölf Medienschaffende vor Ort, und eine im Gefängnis. Mindestens 48 weitere wurden verletzt.

  1. Die verstärkte Desinformationskampagne

Die Ukrainer seien «Nazis», der Krieg Russlands in der Ukraine sei eine «Spezialoperation» und kein Krieg, unabhängige Medien seien «Agenten des Auslands», finanziert vom «dekadenten Westen»… Diese seit Jahren verankerte und immer wieder gepredigte Rhetorik hatte sich schon lange vor dem Beginn der gross angelegten Invasion am 24. Februar 2022 in der Gesellschaft festgesetzt. Sie hat sich seither noch verstärkt.

Gleichzeitig bemüht sich der Kreml, seine Desinformationstechniken zu diversifizieren – durch die Gründung von «Journalistenschulen», durch Identitätsdiebstahl oder durch gezielten Einsatz von KI. Der Forscher David Colon erklärt: «Die russische Propaganda zeichnet sich dadurch aus, dass sie auf einem globalen Ansatz basiert, der nicht zwischen digitalen und traditionellen Instrumenten unterscheidet (…) Generative KI ermöglicht es russischen Propagandisten, den Umfang ihrer Kampagnen zu verändern.»

  1. Die einflussreichen Akteure der russischen Propaganda

Staatliche Medien, militärische Einflussnehmer, «Einflussnehmer auf Vertragsbasis» – es gibt vielfältige Akteure, die den flexiblen und transnationalen Diskurs des Kremls weiterverbreiten, der sich je nach Zielgruppe anpasst. Auch wenn das Medienimperium der Wagner-Miliz teilweise zerschlagen wurde, bleiben ihre Netzwerke ein zentraler Verbreitungsweg für Propaganda. Im Schatten von Jewgeni Prigoschin, dem im August 2023 verstorbenen Gründer von Wagner, agiert Alexander Malkevitch, ein aktiver Unternehmer im Bereich der Propagandamedien, weiterhin hinter den Kulissen. Auch ausländische Propagandisten greifen diese Botschaft auf.

  1. Die internationale Expansion der Netzwerke des Kremls

In Europa, Afrika, Lateinamerika, dem Nahen Osten und Nordamerika verbreitet sich diese Rhetorik, greift um sich und etabliert sich. In Afrika erklärt der Forscher Maxime Audinet, dass Russland die Fragilität der lokalen Medien-Ökosysteme ausnutzt, um sich über «Informationsvertragspartner» in Ländern zu etablieren. In Europa gelingt es RT und Sputnik trotz Sanktionen, eine anti-europäische Rhetorik zu verbreiten, während in Lateinamerika die anti-imperialistische Rhetorik Teile der lokalen Bevölkerung überzeugt.

  1. Lösungen, um dieser Propaganda entgegenzuwirken

Die erste Gegenmassnahme gegen Propaganda besteht darin, die Fakten wiederherzustellen. RSF unterstützt unabhängige russische und belarussische Medien im Exil sowie ukrainische Medien, die von der gross angelegten Invasion Russlands in der Ukraine betroffen sind. Gleichzeitig fördert RSF Fact-Checking-Initiativen und Instrumente wie die Journalism Trust Initiative (JTI), mit denen zuverlässige Quellen identifiziert werden können. Dieser wichtige Ansatz trägt dazu bei, Desinformation entgegenzuwirken und das Vertrauen in Informationen wiederherzustellen.

  1. Empfehlungen von RSF zur Bekämpfung von Desinformation und zur Förderung eines zuverlässigen Journalismus

Die Propaganda des Kremls bedient sich einer solchen Vielfalt an Kanälen, dass es sinnlos ist, ihr allein mit einer leicht zu umgehenden repressiven Politik zu begegnen. Nur wenn die Demokratien ihr Engagement für den Journalismus erneuern und gleichzeitig darauf achten, dessen Unabhängigkeit nicht zu gefährden, können sie diesen Kampf um das Recht ihrer Bürgerinnen und Bürger auf zuverlässige Informationen gewinnen.

 

Das Expertenkomitee des Propaganda-Monitors von RSF: Maxime Audinet (Frankreich), Forschungsbeauftragter am Institut für strategische Forschung der Militärhochschule (IRSEM); David Colon (Frankreich), Dozent und Forscher an der Sciences Po Paris und Mitglied der Forschungsgruppe «Internet, KI und Gesellschaft» des Centre national de la recherche scientifique (CNRS); Valdez Onanina (Senegal), Chefredakteur des französischsprachigen Büros von Africa Check, der ersten unabhängigen Fact-Checking-Organisation in Afrika; Daniel Milo (Slowakei), Experte für die Verteidigung der Demokratie, spezialisiert auf den Kampf gegen Desinformation, hybride Bedrohungen und Extremismus; Rasa Nedeljkov (Serbien), Programmdirektorin am Center for Research, Transparency and Accountability (CRTA), einer Organisation, die sich für Transparenz, Rechenschaftspflicht und demokratische Regierungsführung einsetzt; Vladimir Rouvinski (Kolumbien), Professor am Institut für Politikwissenschaft der Universität Icesi in Cali, Spezialist für die Beziehungen Russlands zu Lateinamerika und der Karibik; Dorka Takácsy (Ungarn), Forscherin mit Schwerpunkt Desinformation und Propaganda in Mittel- und Osteuropa.

Cartooning for Peace (CFP): Internationales Netzwerk von Zeichnerinnen und Zeichnern, die sich dafür einsetzen, durch Pressezeichnungen die Meinungsfreiheit, die Menschenrechte und den gegenseitigen Respekt zwischen Menschen unterschiedlicher Kulturen und Glaubensrichtungen zu fördern. CFP wurde 2006 auf Initiative von Kofi Annan, Friedensnobelpreisträger und ehemaliger Generalsekretär der Vereinten Nationen, und dem Pressezeichner Plantu gegründet und wird heute vom französischen Zeichner Kak geleitet. www.cartooningforpeace.org

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