Das neue Büro von RSF in Prag, das in Anwesenheit des tschechischen Präsidenten Petr Pavel eröffnet wurde, wird die Arbeit der Organisation im östlichen Teil der EU verstärken und den Beitrag der Region zur Pressefreiheit und zum Recht auf zuverlässige Informationen weltweit hervorheben. Die Eröffnung des Büros ist Teil der Strategie der internationalen Expansion von RSF. Die NGO verfügt derzeit über 15 Büros und Sektionen weltweit.
Am Dienstag, dem 14. Oktober, gab RSF die Eröffnung seines Büros in Prag bekannt – der ersten solchen Niederlassung in Mittel- und Osteuropa. Die Eröffnungsveranstaltung mit dem Titel «Journalismus am Wendepunkt» fand in der tschechischen Hauptstadt im Rahmen der Konferenz Forum 2000 zu Menschenrechten statt. Diese wurde vom ehemaligen antikommunistischen Dissidenten und tschechoslowakischen Präsidenten Vaclav Havel ins Leben gerufen.
Eine Botschaft des tschechischen Präsidenten an das Forum 2000
Um unabhängige Medien und integre Medienschaffende zu verteidigen, hat RSF den Präsidenten von Radio Free Europe/Radio Liberty (RFE/RL), Stephen Capus, die Direktorin für Strategie und Betrieb des öffentlich-rechtlichen Rundfunksenders Český rozhlas, Martina Majicek Poliakova, sowie die ehemaligen ukrainischen Journalistin von Voice of America (VOA), Myroslava Gongadze (die Witwe des 2000 ermordeten Journalisten Georgiy Gongadze), um Interventionen gebeten. Die Podiumsdiskussion wurde vom Generaldirektor von RSF, Thibaut Bruttin, geleitet und vom neuen Direktor des Prager Büros, Pavol Szalai, moderiert.
Der tschechische Präsident Petr Pavel, mit dem Thibaut Bruttin und Pavol Szalai am Vortag gesprochen hatten, begrüsste die Initiative von RSF: «In einer Zeit, in der Desinformation und Propaganda zunehmend dazu genutzt werden, Gesellschaften zu manipulieren und demokratische Institutionen zu schwächen, ist das Engagement von RSF wichtiger denn je […] Mit der Aufnahme des ersten Büros von RSF für Mittel- und Osteuropa bekräftigt Prag seinen Platz als Land, in dem Meinungsfreiheit und verantwortungsvoller Journalismus geachtet und geschützt werden.»
«Bereits in seinem Manifest ‘Zweitausend Worte’, das 1968 kurz nach Aufhebung der Zensur und kurz vor dem Einmarsch der Sowjetunion in die Tschechoslowakei veröffentlicht wurde, rief Ludvik Vaculik dazu auf, die Pressefreiheit zu nutzen, um Lösungen für die drängendsten Probleme der Gesellschaft zu finden. Das ist auch unsere Überzeugung bei RSF, während wir uns nachhaltig in Mittel- und Osteuropa verankern: Die Pressefreiheit ist keineswegs eine Angelegenheit der Eliten, sondern muss der gesamten Gesellschaft Handlungsmöglichkeiten eröffnen. Angesichts der Vereinheitlichung des Denkens, die autoritäre Mächte, korrupte Oligarchen und digitale Plattformen, die die öffentliche Debatte dominieren, durchzusetzen versuchen, werden wir die Pressefreiheit und das Recht der Bürger auf Information verteidigen. Und wir werden Tschechien, das auf Platz zehn der Rangliste der Pressefreiheit steht und die Heimat von Ferdinand Peroutka, Pavel Tigrid und Vaclav Havel ist, zu einem Vorposten des Kampfes und der Solidarität für bedrohte Medienschaffende auf der ganzen Welt machen. Einige der grössten Hoffnungen der unabhängigen Presse oder des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sind hier entstanden, während gleichzeitig neue politische und rechtliche Taktiken zur Knebelung der Presse entwickelt wurden. Mehr denn je gilt, was Tomas Garrigue Masaryk einmal gesagt hat: «Demokratie verteidigt man nicht mit Gewalt, sondern mit Wahrheit und Diskussion.»
Thibaut Bruttin
Generaldirektor von RSF
«Mit seiner reichen demokratischen Tradition als Zufluchtsort für zahlreiche Medienschaffende im Exil und dank seiner strategischen Lage auf dem geopolitischen Schachbrett ist Tschechien ein idealer Ausgangspunkt für RSF, um sich in den mittel- und osteuropäischen Ländern zu engagieren. Das neue Büro wird es uns ermöglichen, unsere Aktivitäten in den Mitgliedstaaten der EU sowie in den Beitrittsländern zu verstärken. Ausserdem werden wir so in die Lage versetzt, neue Partnerschaften über diese Region hinaus zu knüpfen. An einem entscheidenden Wendepunkt für die Demokratie in Tschechien und Europa rufen wir alle, die die Überzeugungen von RSF teilen, feierlich dazu auf, sich uns beim Schutz der Pressefreiheit anzuschliessen.»
Pavol Szalai
Leiter des RSF-Büros in Prag
Das Büro von RSF in Prag hat die Aufgabe, Verletzungen der Pressefreiheit und des Rechts auf Information zu dokumentieren und anzuprangern, bedrohte Medienschaffende zu unterstützen, gegen die Straflosigkeit von Verbrechen gegen Reporterinnen und Reporter zu kämpfen, Propagandamechanismen, die das Informations-Ökosystem verschmutzen, zu bekämpfen, sich bei nationalen und internationalen Behörden für systemische Lösungen einzusetzen sowie dem ethischen und transparenten Journalismus in Mittel- und Osteuropa einen Marktvorteil zu verschaffen.
Pressefreiheit in Mitteleuropa bedroht
In den letzten Jahren hat sich RSF für Gerechtigkeit im Fall der Ermordung des Journalisten Jan Kuciak in der Slowakei (Platz 38 in der Rangliste der Pressefreiheit 2025) eingesetzt. Darüber hinaus setzte sich RSF für den Schutz von Reportern vor willkürlicher Überwachung in Serbien ein (Rang 96), sowie für den Schutz vor Gewalt gegen sie im Rahmen der Demonstrationen in Griechenland (Platz 89). Ausserdem kämpfte RSF für den Schutz der Unabhängigkeit der öffentlichen Medien in Polen (31.), für ein konzertiertes Vorgehen der EU gegen das pressefeindliche Modell des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban (Rang 68) sowie für eine strenge und rasche Umsetzung des Europäischen Gesetzes zur Medienfreiheit (EMFA), zu dem RSF selbst in der Entstehung beigetragen hatte. Der jüngste Bericht von RSF über russische Propaganda dokumentiert zudem das Ausmass dieser Bedrohung und deren Methoden und fordert die Anwendung europäischer Sanktionen gegen die Desinformationsorgane des Kremls.
Tschechien ist seit 2021 von Rang 40 der Rangliste der Pressefreiheit auf den diesjährigen 10. Platz vorgerückt. Vor den Parlamentswahlen Anfang dieses Monats haben RSF und seine tschechischen Partner bei den tschechischen politischen Parteien eine Kampagne für die Stärkung des politischen und rechtlichen Rahmens für die Sicherheit von Medienschaffenden und die Unabhängigkeit der Medien durchgeführt. Anfang des Jahres hatte RSF die Erhöhung der Rundfunkgebühren für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, darunter auch für den Tschechischen Rundfunk Český rozhlas unterstützt, der übrigens als 13. öffentlich-rechtliches Medium weltweit die Zertifizierung der Journalism Trust Initiative (JTI) erhalten hat. Weitere internationale Initiativen von RSF fanden in diesem Land stets grosse Resonanz, wie der Brief von 262 tschechischen Medienschaffenden in Solidarität mit den bedrohten Reporterinnen und Reportern in Gaza zeigt.
Pavol Szalai, neuer Leiter des Büros in Prag
Mitglieder des Beirats des RSF-Büros in Prag sind: der Direktor der Vaclav-Havel-Bibliothek, Tomas Sedlacek, sowie die Vizepräsidentin der Karlsuniversität und ehemalige Vizepräsidentin der Europäischen Kommission, Vera Jourova. Dieser Beirat soll in den kommenden Monaten erweitert werden.
Der neue Direktor des Büros ist Pavol Szalai. Er wurde 2017 mit dem slowakischen Preis für Zivilcourage «Corneille blanche» ausgezeichnet und kam im selben Jahr als Korrespondent für die Slowakei zu RSF, bevor er 2020 Leiter des Büros für die Europäische Union und den Balkan am Pariser Hauptsitz von RSF wurde. Szalai studierte an Universitäten in der Slowakei, Tschechien, den Vereinigten Staaten und Frankreich und arbeitete als Journalist für die slowakische Tageszeitung Sme und das europäische Mediennetzwerk EURACTIV.
RSF dankt seinen ersten Unterstützern für ihre Hilfe, darunter das tschechische Digitalunternehmen Seznam sowie die deutsche Sektion von RSF mit Sitz in Berlin.
RSF weltweit
RSF feiert in diesem Jahr sein 40-jähriges Bestehen und ist eine unabhängige internationale Organisation, die sich weltweit für die Verteidigung und Förderung der Pressefreiheit und des Rechts auf Information einsetzt. RSF ist auf allen Kontinenten vertreten und verfügt über 15 Büros und Sektionen weltweit: Die Büros befinden sich in Paris (Hauptsitz), Brüssel, Washington, Rio de Janeiro, Taipeh, Dakar, Tunis, London und nun auch in Prag. Darüber hinaus verfügt RSF über Ländersektionen in Deutschland, Österreich, Spanien, Finnland, Schweden und der Schweiz. RSF verfügt ausserdem über ein Netzwerk von Korrespondentinnen und Korrespondenten sowie weiteren Partnern in über 150 Ländern. Dieses Netzwerk stärkt gleichzeitig die globale Wirkung sowie die lokale Verankerung der Organisation.