Medienschaffende sterben oft nicht nur, sie werden vielmehr gezielt getötet. Und zwar aufgrund zahlreicher krimineller Praktiken regulärer und irregulärer Streitkräfte und Armeen. RSF zählt in den letzten zwölf Monaten (Stichtag 1. Dezember) 67 in Ausübung ihres Berufs getötete Medienschaffende – eine Zahl, die mit der von 2024 (66) vergleichbar ist, aber im Vergleich zu 2023 (49)* stark angestiegen ist. Unter ihnen wurden mindestens 53 (79%) Opfer von Krieg oder organisierter Kriminalität, davon allein 29 in Gaza unter dem Feuer der israelischen Armee. Und dies, obwohl die Resolution 2222 des UNO-Sicherheitsrats Kriegs- und Konfliktparteien eigentlich dazu auffordert, Medienschaffende aktiv zu schützen und nicht ins Visier zu nehmen. Nebst den getöteten Medienschaffenden sitzen 2025 nach wie vor über 500 Medienschaffende weltweit hinter Gittern – 121 von ihnen in China, dem mit Abstand grössten Gefängnis für Medienschaffende weltweit. 20 Journalistinnen und Journalisten werden darüber hinaus als Geiseln gehalten. Und mindestens 137 gelten als vermisst oder verschwunden.
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«Weitere 67 getötete Medienschaffende in den letzten zwölf Monaten. Diese starben nicht zufällig, nicht durch Unfälle oder Kollateralschäden. Sie wurden gezielt wegen ihrer journalistischen Tätigkeit getötet – oft aus taktischen Gründen von Streitkräften oder kriminellen Gruppierungen. Überdurchschnittlich viele von ihnen mussten im Kontext von Kriegen und bewaffneten Konflikten sterben. Und das, obwohl die Genfer Konventionen zum humanitären Völkerrecht sowie die Resolution 2222 des UNO-Sicherheitsrates, die den Schutz von Medienschaffenden in Kriegsgebieten gewährleisten sollte, solchen widerrechtlichen Tötungen eigentlich den Riegel vorschieben müssten. Wir bedauern, dass dieses Recht weltweit so oft missachtet wird. Genauso bedauern wir, dass für viele dieser Verbrechen noch immer Straflosigkeit herrscht. Regierungen und relevante Akteure sollten wieder verstärkt Schutzmassnahmen für bedrohte Journalistinnen und Journalisten ergreifen. Medienschaffende sind unbequeme Zeugen. Medien weisen auf Missstände hin. Bei Fehlern dürfen sie natürlich kritisiert werden. Aber sie wurden in den letzten Jahren viel zu oft zur Verhandlungsmasse, zu Schachfiguren, die im diplomatischen, politischen oder militärischen Gefüge beseitigt wurden. Das ist inakzeptabel.»
Denis Masmejan
Generalsekretär RSF Schweiz
Seit dem 1. Dezember 2024 wurden mindestens 79% aller weltweit getöteten Medienschaffenden Opfer von regulären oder irregulären Armeen (37) oder von organisiertem Verbrechen (16).
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- Seit der letztjährigen Jahresbilanz von RSF (mit Stichtag am 1. Dezember 2024) wurden 67 Medienschaffende in Ausübung ihres Berufs getötet.
- Die israelische Armee ist mit 29 getöteten Medienschaffenden in Gaza für 43% all dieser Opfer der vergangenen zwölf Monate verantwortlich. Seit dem 7. Oktober 2023 tötete die israelische Armee fast 220 Medienschaffende im Gazastreifen – darunter mindestens 65 in Ausübung ihres Berufs, d.h., weil die Opfer Journalistinnen und Journalisten waren.
- In Mexiko ist die neue Präsidentin Claudia Sheinbaum seit mittlerweile über einem Jahr im Amt. Sie hat sich dabei unter anderem gegenüber RSF verpflichtet, mehr für den Schutz von Medienschaffenden zu unternehmen. Dennoch war 2025 das tödlichste Jahr seit 2022 für Journalistinnen und Journalisten in Mexiko. Insgesamt ist das zentralamerikanische Land das zweitgefährlichste Land für Medienschaffende weltweit. In den letzten zwölf Monaten wurden dort neun Journalisten getötet.
- Im Sudan sind Journalistinnen und Journalisten mit zahlreichen An- und Übergriffen konfrontiert. Mindestens vier von ihnen wurden im laufenden Jahr in Ausübung ihres Berufs getötet – mindestens zwei von ihnen waren zuvor von den Rapid Support Forces entführt worden.
- Die grosse Mehrheit der getöteten Medienschaffenden wurde 2025 in ihrem jeweiligen Heimatland getötet. Nur zwei von ihnen wurden im Ausland getötet: Der französische Fotojournalist Antoni Lallican, der von einer russischen Drohne in der Ukraine angegriffen wurde, sowie der salvadorianische Journalist Javier Hércules, der in Honduras ums Leben kam (wo er bereits seit über zehn Jahren wohnhaft gewesen war.)
503 inhaftierte Medienschaffende
- Mit Stichtag 1. Dezember 2025 waren insgesamt mindestens 503 Medienschaffenden in 47 Ländern inhaftiert. Am 1. Dezember 2024 waren es noch 550. China (121 Inhaftierte) und Myanmar (47 Inhaftierte) befinden sich wie im Vorjahr unter den drei Ländern, wo am meisten Journalistinnen und Journalisten inhaftiert sind. Russland ist neu mit 48 Inhaftierten das für Medienschaffende zweitgrösste Gefängnis der Welt. Russland ist zudem dasjenige Land, das am meisten ausländische Journalistinnen und Journalisten inhaftiert hat (26), gefolgt von Israel, das 20 ausländische Medienschaffende hinter Gittern hält.
- China ist das grösste Gefängnis für Medienschaffende. Per 1. Dezember 2025 werden unter dem Regime von Xi Jinping 113 Medienschaffende gefangen gehalten, hinzukommen acht weitere in Hongkong. Damit ist die Volksrepublik China nach wie vor das mit Abstand grösste Gefängnis für Medienschaffende weltweit. Das Land hat mehr Journalistinnen und Journalisten inhaftiert als Russland und Myanmar zusammen.
- Der postsowjetische Raum ist zunehmend feindselig gegenüber Medienschaffenden. Die Lage der Journalistinnen und Journalisten in Ländern wie Russland, Georgien, Aserbaidschanoder Belarus verdeutlicht die gravierenden Gefahren für die Pressefreiheit in den Ländern der ehemaligen Sowjetunion. In Georgien etwa führte der unerbittliche autoritäre Kurs der pro-russischen Regierung im Januar 2025 zur Verhaftung der bekannten georgischen Journalistin Mzia Amaghlobeli. Und in Aserbaidschan sitzen derzeit 25 Medienschaffende hinter Gittern. Und Russland ist mit 48 inhaftierten Medienschaffenden (darunter 26 aus der Ukraine) das weltweit zweitgrösste Gefängnis für die Presse.
- Massive Inhaftierungen palästinensischer Medienschaffender in Israel. Israel ist nach Russland das Land mit der zweitgrössten Anzahl ausländischer inhaftierter Medienschaffender. Am 1. Dezember befanden sich noch immer 20 palästinensische Journalistinnen und Journalisten in israelischen Gefängnissen. 16 von ihnen wurden seit dem 7. Oktober 2023 im Gazastreifen oder im Westjordanland festgenommen.
20 Medienschaffende in Geiselhaft
- Weltweit befinden sich noch immer 20 Medienschaffende in Geiselhaft. Im Vergleich zum Vorjahr, als noch 55 in Geiselhaft waren, ist das ein Rückgang. Allerdings nahmen 2025 allein die Houthi-Rebellen im Jemen sieben neue Journalisten als Geiseln – so viele wie nirgends sonst auf der Welt. Und in Syrien sind viele der Journalistinnen und Journalisten, die vor dem Sturz von Baschar al-Assad im Dezember 2024 gefangengenommen wurden, noch immer nicht wiedergefunden worden. Die Machtübernahme der Miliz Hayat Tahrir al-Sham (HTS) darf zudem nicht darüber hinwegtäuschen, dass diese noch immer mehrere Medienschaffende festhält.
- Darüber hinaus sind in Mali noch immer der Journalist und Direktor von Radio Coton d’Ansongo, Saleck Ag Jiddou sowie der Moderator desselben Senders, Moustapha Koné, als Geiseln gehalten. Sie wurden am 7. November 2023 von Mitgliedern einer nicht identifizierbaren bewaffneten Gruppe entführt, als sie mit zwei weiteren Kollegen auf dem Weg nach Gao im Norden des Landes waren.
137 Medienschaffende gelten als vermisst oder verschwunden – fast drei Viertel davon im Nahen Osten und in Lateinamerika
- 2024 wurden weltweit 95 Journalistinnen und Journalisten als verschwunden gemeldet. In den letzten zwölf Monaten ist demgegenüber ein markanter Anstieg zu verzeichnen. Die Zahl der insgesamt verschwundenen Medienschaffenden stieg in total 37 Ländern auf 137. Zwar sind Journalistinnen und Journalisten auf allen Kontinenten verschwunden, allerdings tritt dieses Phänomen besonders häufig im Nahen Osten (vor allem in Syrien, mit 39 verschwundenen) und in Lateinamerika (vor allem in Mexiko, mit 28 verschwundenen) auf.
- Viele der 39 in Syrien verschwundenen Medienschaffenden waren zuvor jahrelang als Geiseln des Islamischen Staates (IS) oder des Regimes von Baschar al-Assad gehalten worden. Der Sturz von Assad hat allerdings nicht dazu geführt, dass sie frei kamen. Im Gegenteil: Von vielen von ihnen fehlt heute jede Spur.
(Illustration im Titelbild: Christina Atik)
* Seit diesem Jahr hat sich unsere Methodologie leicht geändert, und die Bilanzierung erfolgt nun über einen Zeitraum von 12 Monaten ab dem jeweiligen 1. Dezember. Die Zahlen vergangener Jahre wurden im aktuellen Bericht rückwirkend angepasst (und können dadurch von früheren Berichten abweichen), um miteinander vergleichbar zu sein.