Angesichts der anhaltenden Unterdrückung unabhängiger Medien in Aserbaidschan starten Reporter ohne Grenzen (RSF) und die im Exil lebenden aserbaidschanischen Organisationen und Medien Free Voices Collective, Meydan TV, Toplum TV und Qazetci eine symbolische Postkartenkampagne mit dem englischen Titel « Flood them with fans » («Überschüttet sie mit Ventilatoren»). Die Kampagne macht auf die unmenschlichen Haftbedingungen der Journalistin Sevinj Vagifgizi aufmerksam. Der Chefredakteurin von Abzas Media und ehemaligen Stipendiatin von RSF in Berlin wurde trotz der extremen Hitze in der Untersuchungshaftanstalt in der Hauptstadt Baku ein einfacher Ventilator verweigert.

Die meisten Häftlinge in Aserbaidschan hoffen auf die Unterstützung ihrer Familien, um im Sommer Ventilatoren in den oft heissen Gefängniszellen zu erhalten. Ein entsprechender Antrag der Journalistin Sevinj Vagifgizi wurde allerdings vom Gefängnisdirektor Elnur Ismayilov abgelehnt. Er hatte eine Bedingung gestellt: Vagifgizi müsse aufhören zu schreiben, dann erhalte sie einen Ventilator. Doch die mutige Journalistin weigerte sich, diese Bedingung anzunehmen und berichtet weiterhin aus dem Gefängnis über die Haftbedingungen und Menschenrechtsverletzungen. Eine mutige Tat, die nun mit bewusster Grausamkeit bestraft wird. Das Ultimatum des Gefängnisdirektors ist ein eklatanter Akt der Zensur und Unterdrückung.

RSF, Free Voices Collective, Meydan TV, Toplum TV und Qazetci rufen die Öffentlichkeit nun dazu auf, sich an der Kampagne zu beteiligen, indem sie Solidaritätsbriefe an Sevinj und ihre inhaftierten Kollegen schreiben. Die Medienschaffenden wurden allesamt zu sieben bis neun Jahren Haft verurteilt. Entsprechende Briefe können über dieses Formular verschickt werden. Die Nachrichten werden übersetzt, auf Postkarten mit einem symbolischen Ventilator gedruckt und direkt an das Gefängnis in Baku verschickt.

«Wir wollen zeigen, dass ihre Stimmen auch hinter Gefängnismauern nicht zum Schweigen gebracht werden können. Die aserbaidschanischen Behörden müssen aufhören, diese Medienschaffenden für ihre Arbeit zu bestrafen, und ihnen unverzüglich Zugang zu lebensnotwendigen Gütern gewähren.»
Anja Osterhaus
Geschäftsführerin der deutschen Sektion von RSF

 

Zunehmende Repression gegen kritischen Journalismus

Die von RSF lancierte Kampagne findet vor dem Hintergrund zunehmender Repression gegen die Medien in Aserbaidschan statt. Derzeit sind mindestens 25 Journalistinnen und Journalisten inhaftiert, darunter viele, die mit Abzas Media, Toplum TV und Meydan TV in Verbindung stehen. Diese Medien sind zum bevorzugt Ziel staatlicher Repressalien geworden. Sevinj Vagifgizi und ihre Kolleginnen Nargiz Absalamova und Elnara Gasimova traten bereits mehrere Wochen in den Hungerstreik, um gegen das Vorgehen der Behörden gegen den Direktor von Abzas Media, Ulvi Hasanli, zu protestieren. Dieser wird trotz eines Gerichtsbeschlusses, der seine Rückkehr in die Haftanstalt in Baku anordnete, weiterhin in Isolationshaft gehalten.

« Sevinj Vagifgizi bezahlt den Preis für ihre Unabhängigkeit und ihren Mut. Indem die aserbaidschanischen Behörden einer Journalistin mitten in einer Hitzewelle einen einfachen Ventilator verweigern, zeigen sie, dass sie bereit sind, alle Formen der Grausamkeit anzuwenden, um die Pressefreiheit zu unterdrücken. Wir rufen die Bevölkerung sowie alle, die die Pressefreiheit schätzen, dazu auf, ihre Solidarität mit Sevinj Vagifgizi und ihren Kolleginnen und Kollegen zu bekunden. »
Jeanne Cavelier
Leiterin des Büros für Osteuropa und Zentralasien bei RSF

Mehr noch: Anstatt die gerichtliche Entscheidung zu respektieren, reagierten die Strafvollzugsbehörden mit Strafmassnahmen. Die hungerstreikenden Medienschaffenden wurden bestraft, ihre Familien wurden bei Besuchen erniedrigenden Bedingungen ausgesetzt, und die Gefangenen mussten in unbelüfteten und unhygienischen Zellen ohne Zugang zu Duschen ausharren.

In einem besonders alarmierenden Vorfall wurde die Journalistin Nargiz Absalamova körperlich angegriffen, weil sie sich geweigert hatte, in eine andere Zelle verlegt zu werden.

 

RSF fordert sofortigen internationalen Druck

RSF, Free Voices Collective, Meydan TV, Toplum TV und Qazetci fordern nun demokratische Regierungen und internationale Organisationen auf, den Druck auf die aserbaidschanischen Behörden zu verstärken, damit diese

  • alle inhaftierten Medienschaffenden freilassen und die gegen sie erhobenen politischen Vorwürfe fallen lassen;
  • den Zugang zu Grundrechten, insbesondere zu medizinischer Versorgung und Schutz vor Misshandlung, gewährleisten
  • die systematische Unterdrückung von Abzas Media und allen anderen unabhängigen Medien beenden.

« Diese Kampagne geht weit über einen einfachen Ventilator hinaus. Sie handelt von Würde, Gerechtigkeit und internationaler Solidarität. Wir laden Medienschaffende, Aktivistinnen und Bürger aus aller Welt ein, sich uns anzuschliessen, um Sevinj und ihren Kollegen zu zeigen, dass sie nicht allein sind. »
Orkhan Mammad
Stellvertretender Chefredakteur von Meydan TV

Sevinj Vagifgizi verkörpert unabhängigen und mutigen Journalismus in Aserbaidschan. Zusammen mit ihren Kolleginnen und Kollegen deckte sie Korruptionsfälle auf, darunter die Veruntreuung öffentlicher Gelder beim Wiederaufbau der armenischen Enklave Bergkarabach, die 2023 von Aserbaidschan erobert wurde. Sevinj Vagifgizi verkörpert zudem die Würde, Hoffnung und Widerstandsfähigkeit des unabhängigen Journalismus angesichts der starken Unterdrückung im Land. Ihre Inhaftierung spiegelt die Schwäche eines Regimes wider, welches sich durch die freie Presse bedroht fühlt.

Um sich an der Kampagne zu beteiligen und Ihre persönliche Solidaritätsbotschaft an Sevinj Vagifgizi oder einen ihrer inhaftierten Kollegen zu senden, füllen Sie dieses unkomplizierte Formular aus.

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