Reporter ohne Grenzen (ROG) kritisiert die Entwicklung im Fall Hajo Seppelt als Bankrotterklärung für die FIFA-Vergabekriterien. Wie die ARD-Tagesthemen am Mittwoch (13.06.) berichteten, werde der investigative Sportjournalist und Doping-Experte Seppelt wegen Sicherheitsbedenken nicht zur Fußball-Weltmeisterschaft nach Russland reisen. Die ARD habe diese Entscheidung nach einem Gespräch mit Außenminister Heiko Maas getroffen. Grundlage der Entscheidung seien Analysen deutscher Sicherheitsbehörden gewesen. Demnach bestehe ein Sicherheitsrisiko für Seppelt, wenn er zur WM nach Russland fährt.

„Dass ein profilierter Journalist wie Hajo Seppelt aus Sorge um seine Sicherheit nicht zur WM reisen kann, ist ein Einschnitt in der WM-Geschichte und eine Bankrotterklärung für die FIFA-Vergabekriterien. Die Verpflichtung der russischen Regierung, die Pressefreiheit zu achten, war ein leeres Versprechen“, sagte Christian Mihr, Geschäftsführer von ROG Deutschland. „Der Vorfall zeigt einmal mehr, dass sich Sport und Politik nicht trennen lassen. Der DFB muss sich als mitgliederstärkster Sportverein der Welt und einflussreicher Akteur innerhalb der FIFA öffentlich und in deutlichen Worten dafür einsetzen, dass Journalisten ungehindert aus dem Gastgeberland berichten können.“

Dem ARD-Dopingexperten Hajo Seppelt war am 11. Mai zunächst die Einreise nach Russland anlässlich der Berichterstattung über die Fußball-WM verweigert worden, bevor russische Behörden diese Entscheidung vier Tage später wieder zurücknahmen.

Zur gleichen Zeit kündigte die russische Justiz an, Seppelt zu vernehmen, sollte er zur Fußball-WM nach Russland reisen. Hintergrund seien laut Sprecherin des Staatlichen Ermittlungskomitees die laufenden russischen Ermittlungen gegen den Doping-Kronzeugen Grigori Rodschenkow.

Die russische Botschaft in Berlin teilte mit, Seppelt sei per Gerichtsbeschluss zur unerwünschten Person erklärt worden. Eine Reise zur WM würde „eine Ausnahme sein“, die durch die Akkreditierung der Fifa bedingt sei, sagte Botschaftssprecher Denis Mikerin russischen Medien zufolge. Der Vorsitzende des russischen Journalistenverbandes, Wladimir Solowjow, hatte Seppelt damit gedroht, er könne in Russland verprügelt werden.

Der 55-jährige Investigativjournalist ist durch seine Beiträge zum Thema Doping bekannt geworden, die seit 2009 in der ARD ausgestrahlt werden. Sein Film „Geheimsache Doping: Wie Russland seine Sieger macht“ führte zur Aufdeckung des russischen Dopingskandals. Zuletzt berichtete Seppelt vor den Olympischen Winterspielen in Südkorea im Februar über das mutmaßliche Staatsdoping in Russland und die Manipulationsmöglichkeiten an Dopingprobenbehältern.

Beschwerdemechanismus der Fifa nutzen

Zum ersten Mal in der WM-Geschichte hat die FIFA auf Druck aus der Zivilgesellschaft Ende Mai einen Beschwerdemechanismus für Journalisten und Menschenrechtsverteidiger eingeführt. Online und in anonymisierter Form können Verstöße gegen die FIFA-Statuten und ihre Menschenrechtspolitik gemeldet werden. In diesen Dokumenten nennt die Fifa Pressefreiheit als eine Grundvoraussetzung für WM-Gastgeber und sichert zu, ihren Einfluss auf die Behörden entsprechender Länder zu nutzen, um die ungehinderte Arbeit von Journalisten zu ermöglichen. Reporter ohne Grenzen ruft Journalisten auf, den Beschwerdemechanismus der FIFA bekannt zu machen und zu nutzen, um den Verband beim Wort zu nehmen und zu konkreten Taten zu verpflichten.

Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht Russland auf Platz 148 von 180 Staaten.

 

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