Seit den Präsidentschaftswahlen vom 9. August gibt es in Belarus Demonstrationen – und die Polizei geht zum Teil sehr hart gegen diese vor. Schwer betroffen davon sind auch Medienschaffende, denn das Regime von Präsident Alexander Lukaschenko will verhindern, dass über die Proteste berichtet wird.

Nach den Zahlen des belarussischen Journalistenverbands BAJ – er dokumentiert die Fälle in einer laufenden Statistik – hat die Polizei bisher über 350 Verhaftungen von Journalistinnen und Journalisten vorgenommen. Unter den Verhafteten war auch Jan Awsejuschkin; er wurde am 8. November in Minsk festgenommen. Er schreibt für verschiedene belarussische und ausländische Medien, unter anderem auch für die Schweizer Wochenzeitung WOZ. Awsejuschkin wurde wegen Teilnahme an einer unbewilligten Demonstration zu 15 Tagen Haft verurteilt. Die WOZ-Redaktion setzte sich für seine Freilassung ein («Freiheit für Awsejuschkin!»). Er wurde am 24. November nach Verbüssung seiner Strafe entlassen.

Journalistinnen und Journalisten werden in Belarus bei Demonstrationen nicht nur verhaftet, sondern auch verletzt, zum Beispiel durch Gummi- und andere Geschosse. Aber sie werden vor allem gezielt angegangen und bei der Verhaftung schikaniert und misshandelt. Zum Beispiel wurde Alena Doubovik, eine Journalistin belarussischen Exil-Senders «Belsat», im August in der Haft mit einem Schlagstock malträtiert und 24 Stunden lang ohne Nahrung mit etwa 50 anderen Häftlingen in einer kleinen Zelle festgehalten.

Bisher wurden die meisten angeklagten Medienschaffenden wegen Teilnahme an einer unbewilligten Demonstration zu Haftstrafen zwischen drei und fünfzehn Tagen verurteilt, offensichtlich werden die Strafen nun härter: Zmitser Soltan, Zmitser Krauchouk und Artsiom Bahaslauski, drei Reporter des Senders «Belsat», müssen mit bis zu drei Jahren Gefängnis rechnen, weil sie der «Organisation und Vorbereitung von Aktivitäten, die die öffentliche Ordnung eklatant verletzen» angeklagt wurden – sie hatten, um darüber zu berichten, am 1. November an einer Kundgebung teilgenommen.

Dass belarussische Regime hat ausserdem ausländischen Journalistinnen und Journalisten die Akkreditierung entzogen – zuerst vereinzelten, dann, Anfang Oktober, allen. Viele von ihnen wurden des Landes verwiesen und erhielten mehrjährige Einreiseverbote. Zwar können die Medienschaffenden neue Akkreditierungen beantragen, aber sie werden, wenn überhaupt, nur zögerlich vergeben. Das betrifft unter anderen auch Ilja Kusnezow, ARD-Producer und Korrespondent von RSF International. Ihm droht zudem ein Prozess wegen Teilnahme an einer nicht genehmigten Versammlung. Die Zahl der ausländischen Medienschaffenden, die legal in Belarus arbeiten können, sinkt stetig.

Der Informationsfluss wurde auch auf andere Weise eingeschränkt. So gab es Funktionsstörungen beim Internet, Zugänge zu Mailingdiensten wie auch zu verschiedenen Nachrichtenseiten wurden eingeschränkt oder blockiert. Kritische belarussische Medien werden behindert. Im September etwa entzog das Informationsministerium «Tut.by», dem unabhängigen und reichweitenstärksten Nachrichtenportal, für drei Monate den Status eines Massenmediums. Dieser Status räumt den Mitarbeitenden der entsprechenden Medien besondere Rechte bei der Berichterstattung etwa von Grossveranstaltungen und Demonstrationen ein. «Tut.by» wurde mehrfach verwarnt und das Informationsministerium will deshalb es gerichtlich verbieten lassen. Auch das Portal «Nascha Niwa» steht unter Druck: Im September durchsuchte die Polizei die Wohnung von Chefredakteur Jegor Martinowitsch und beschlagnahmte sämtliche technischen Geräte und Speichermedien. Martinowitsch wurde für drei Tage in Isolationshaft genommen.

Ein Bericht, der am 5. November von der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) veröffentlicht wurde, dokumentiert die Repression in Belarus. Nach der Analyse von 700 Beiträgen – eine davon stammt von RSF -, kommt der unabhängige Berichterstatter Wolfgang Benedek unter anderem zum Schluss, dass es massive Verletzungen der Rechte von Journalisten und Medien sowie des Zugangs zu Informationen gegeben hat.

Reporter ohne Grenzen hat bei der UNO interveniert und Irene Khan, UNO-Sonderberichterstatterin für Meinungsfreiheit, Nils Melzer, UNO-Sonderberichterstatter über Folter, und Anaïs Marin, UNO-Sonderberichterstatterin für Menschenrechte in Belarus, aufgefordert, die Gewalt gegen Medienschaffende sowie die Zensur von unabhängigen Medien in Belarus zu verurteilen. Die Übergriffe müssten, so RSF, unabhängig untersucht werden und die Verantwortlichen müssten nach internationalen Standards strafrechtlich verfolgt werden.

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