Die chinesische Journalistin Zhang Zhan, die erst vor kurzem aus dem Gefängnis entlassen wurde, wird bereits wieder vermisst. Erstmals wurde sie im Jahr 2020 zu einer vierjährigen Haftstrafe verurteilt, nachdem sie unabhängig und kritisch über die Anfänge der Covid-19-Pandemie in Wuhan berichtet hatte. Reporter ohne Grenzen (RSF) kritisiert die anhaltenden Repressionen gegen die Journalistin und fordert die internationale Gemeinschaft auf, für ihre Sicherheit zu sorgen. Sie muss unverzüglich freigelassen werden.

Die unabhängige chinesische Nachrichtenseite Weiquanwang berichtete am 1. September, dass Zhang Zhan, eine ehemalige Anwältin und heute Journalistin, in Shanghai in der Haftanstalt Pudong  inhaftiert sei. Demnach wurde sie am 28. August von der Polizei festgenommen, als sie in ihre Heimatprovinz Shaanxi im Nordwesten Chinas reiste. Seit ihrer Verhaftung hat die Journalistin kein Lebenszeichen mehr von sich gegeben: ihr Telefon ist stumm und ihre Konten in sozialen Netzwerken, die sie vor kurzem wieder reaktiviert hatte, um die Belästigung gegen Aktivistinnen und Aktivisten in China anzuprangern, wurden nicht mehr aktualisiert.

Die chinesischen Behörden haben bislang nicht zugegeben, dass sich Zhang Zhan in Haft befindet. In den Wochen vor ihrem plötzlichen Verschwinden hatte Zhang Zhan jedoch in den sozialen Netzwerken Informationen über die Schikanierung von Aktivistinnen und Aktivisten in China geteilt und war in die Provinz Gansu im Nordwesten des Landes gereist. Dort traf sie die Mutter eines kürzlich verhafteten Aktivisten, wie lokale Medien berichteten.

Wir sind alarmiert über die Verfolgung von Zhang Zhan durch das chinesische Regime, die offenbar aus unklaren Gründen in Isolationshaft gehalten wird. Nachdem sie vier Jahre im Gefängnis verbracht hat und seit ihrer Freilassung unter strenger Überwachung steht, ist es klar, dass die chinesischen Behörden Zhang Zhan wegen ihrer Arbeit als unabhängige Journalistin unterdrücken wollen. Es ist dringender denn je, dass die internationale Gemeinschaft bei der Regierung in Peking interveniert, um ihre Sicherheit zu gewährleisten und ihre sofortige Rückkehr in die Heimat zu erwirken.

Rebecca Vincent
Direktorin für Kampagnen bei RSF

Zhang Zhan, Preisträgerin des RSF-Preises für Pressefreiheit 2021, war eine Woche lang verschwunden, nachdem sie eine vierjährige Haftstrafe für ihre unabhängigen Reportagen verbüsst hatte. Dieses Schweigen führte zu einer weltweiten Mobilisierung unter dem Hashtag #WhereisZhangZhan (Wo ist Zhang Zhan). Diese Mobilisierung führte schliesslich dazu, dass bestätigt werden konnte, dass Zhang Zhan noch am Leben ist. Einige Tage später konnte sie zum ersten Mal seit 2020 ein kurzes Video senden, das ihre Entlassung aus dem Gefängnis bestätigte. Sie blieb jedoch seit ihrer Freilassung unter strenger polizeilicher Überwachung.

Zhang Zhan war erstmals im Mai 2020 verhaftet worden, als sie über den Beginn der Covid-19-Epidemie in Wuhan, im östlichen Zentralchina, berichtete. Sie hatte mehr als 100 Videos in sozialen Netzwerken veröffentlicht, bevor sie am 14. Mai 2020 festgenommen wurde. Sieben Monate später wurde sie von einem Gericht in Shanghai zu vier Jahren Haft wegen «Anstiftung zu Streit und Unruhen» verurteilt – eine Anschuldigung, die vom chinesischen Regime häufig zur Unterdrückung von Dissidenten verwendet wird.

Während ihrer gesamten Haftzeit setzte sich RSF für Zhang Zhans Freilassung ein und prangerte die Misshandlungen an, denen sie im Gefängnis ausgesetzt war. In den ersten Monaten ihrer Inhaftierung wäre die Journalistin sogar fast gestorben, nachdem sie aus Protest gegen ihre Inhaftierung in einen vollständigen Hungerstreik getreten war. Die Gefängnisbehörden hatten sie mit einer Nasensonde zwangsernährt und liessen sie manchmal tagelang in Handschellen.

China ist das Land, das mit Abstand am meisten Journalistinnen und Journalisten inhaftiert hält (aktuell befinden sich 121 Medienschaffende in Haft). Das Land rangiert auf der RSF-Weltrangliste der Pressefreiheit 2024 auf Platz 172 von 180 Ländern.

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