Der algerische Journalist Khaled Drareni wurde im vergangenen März verhaftet und seither nicht mehr freigelassen. Die Behörden in Algier betrachten ihn als «Bedrohung für die Integrität des Landes». Am 15. September wurde er in einem Berufungsverfahren zu einer zweijährigen Haftstrafe wegen «Anstiftung zu einer unbewaffneten Versammlung» und «Verletzung der nationalen Einheit» verurteilt.

RSF setzt sich stark für Drareni ein, der neben seiner Karriere als anerkannter Journalist auch Korrespondent unserer Organisation in Algerien ist. RSF Schweiz forderte denn auch die Bundesbehörden auf, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um die Freilassung des Journalisten zu erreichen.

Warum stellt die Verurteilung Drarenis, die Menschenrechts-Organisationen und die Medienwelt schockiert hat, einen so schwerwiegenden Angriff sowohl auf die Pressefreiheit als auch auf die Meinungsäusserungsfreiheit des algerischen Volkes dar?

  • Weil es eine eindrückliche und renommierte Karriere ist, welche die Machthabenden zerstören oder zerstören wollen. Drareni begann 2004 als Journalist für Printmedien zu arbeiten, bei La Tribune und Algérie News. Danach arbeitete er als Radiojournalist und wechselte 2012 zum Fernsehen. 2017 gründete er seine eigene Nachrichten-Website, Casbah Tribune. Im gleichen Jahr begann er für den Sender TV5 Monde über das Land zu berichten. Seit 2016 ist er Korrespondent von RSF in Algerien. Laut der Aussage von Moncef Ait-Kaci, Korrespondent von France 24, «ist Khaled für seinen Mut, seine Professionalität und seine beispielhafte Genauigkeit bekannt und wird dafür geschätzt».
  • Weil die Behörden mit der Verhaftung und Verurteilung von Drareni in Wirklichkeit auf die Berichterstattung der Medien über Hirak abzielen. Hirak ist eine sehr grosse, populäre und friedliche Protestbewegung, die im Februar 2019 entstand und aufgrund derer der damals amtierende Präsident Abdelaziz Bouteflika im April desselben Jahres zurücktrat. Die Proteste gingen jedoch danach weiter, mit der Forderung, auch die Bouteflika Nahestehenden müssten zurücktreten. Drareni berichtete über die Proteste, und er wurde auch während der Proteste verhaftet. Mit ihrem Angriff auf ihn greift die Regierung von Präsident Abdelmadjid Tebboune nicht nur die Pressefreiheit, sondern auch die Meinungsäusserungsfreiheit des algerischen Volkes an.
  • Weil die Regierung Khaled Drareni nicht nur verhaftet und verurteilt hat, sondern auch – vergeblich – versucht hat, ihn einzuschüchtern und zu korrumpieren. Zusätzlich zu den Durchsuchungen und Verhören, denen er unterzogen wurde, wurde Drareni von einem Regierungsvertreter angesprochen, der ihm im Tausch gegen die Namen der Hirak-Teilnehmer eine Wohnung für einen Verein angeboten hat.
  • Weil Khaled Drareni der Korrespondent von RSF in Algerien ist. Für RSF ist der Kampf für die Pressefreiheit das wichtigste Thema, und Drareni hat seinen Beruf stets ausgeübt, um diese Freiheit zu verteidigen – er wurde verhaftet, indem er sie verteidigte.

Camille Lanci, Mitarbeiterin von RSF Schweiz

Dieser Artikel wurde in der Ausgabe von Dezember 2020 des RSF-Schweiz-Newsletters veröffentlicht

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