Am 31. Juli tötete ein israelischer Luftangriff die Al Jazeera-Journalisten Ismail al-Ghoul und Rami al-Rifi, während sie aus dem nördlichen Gazastreifen berichteten. Reporter ohne Grenzen (RSF) ist empört über diesen erneuten Angriff und ruft zu verstärktem internationalen Druck auf die israelische Regierung auf, das Massaker an Journalisten durch ihre Streitkräfte sofort zu beenden.
Der Journalist Ismail al-Ghoul und der Fotograf Rami al-Rifi berichteten für Al Jazeera live aus dem Flüchtlingslager Al-Shati im Westen von Gaza-Stadt, als ein israelischer Angriff ihr Auto traf und beide tötete. Bilder, die ihr Kollege Anas al-Sharif kurz nach dem Schlag gegen 16 Uhr am Mittwoch, 31. Juli, veröffentlichte, zeigen die beiden getöteten Reporter in einem weissen Auto, das einsam inmitten einer leeren Strasse stand und offensichtlich durch einen direkten Treffer beschädigt worden war. Anas Al-Sharif sagte, die beiden Reporter seien enthauptet aufgefunden worden. Sie trugen ihre Pressewesten, so die Informationen von RSF.
In einer Erklärung des Netzwerks Al Jazeera Media wurden die Morde als «gezielte Tötungen» durch die israelischen Streitkräfte bezeichnet. Al Jazeera kündigte zudem an, «alle rechtlichen Mittel zu nutzen, um die Urheber dieser Verbrechen zu verfolgen». Nach Angaben der Medien hatten die beiden Journalisten 15 Minuten vor dem tödlichen Schlag ihre Redaktion kontaktiert. In dem Telefonat hatten sie von einem Angriff in der Nähe berichtet, woraufhin ihnen geraten worden war, das Gebiet zu verlassen. Ismail al-Ghoul, einer der bekanntesten Reporter aus Gaza, war bereits am 18. März von israelischen Streitkräften im Al-Shifa-Krankenhaus festgenommen und 12 Stunden später wieder freigelassen worden.
Ismail al-Ghoul und Rami al-Rifi berichteten zusammen mit anderen Reportern aus dem Flüchtlingslager al-Shati, das in der Nähe des Hauses des politischen Führers der Hamas, Ismail Haniyeh, liegt. Sie berichteten über die Folgen von dessen Ermordung in der Nacht zuvor im Iran. Die israelische Armee äusserte sich nicht zu dem Angriff, bei dem die beiden Reporter getötet wurden, bestreitet jedoch, dass sie wiederholt Journalisten in Gaza ins Visier nimmt. Nach Angaben von RSF wurden jedoch seit dem 7. Oktober 2023 mehr als 120 Journalisten im Gazastreifen von den israelischen Streitkräften getötet. Mindestens 29 von ihnen wurden unter Umständen getötet, die darauf hindeuten, dass sie absichtlich getötet wurden. Das deutet auf eine Verletzung des Völkerrechts hin. RSF hat seither drei Beschwerden beim Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) eingereicht und diesen aufgefordert, die Kriegsverbrechen gegen Journalisten mit höchster Priorität zu untersuchen.
Wir sind entsetzt über diesen gewalttätigen Angriff auf zwei prominente Journalisten von Al Jazeera – es ist der jüngste Vorfall in den fast zehn Monaten der Verbrechen gegen Journalisten in Gaza, bei denen mehr als 120 ihr Leben verloren haben. RSF fordert die israelische Regierung auf, sich sofort zu verpflichten, die Gewalt gegen Journalisten einzustellen. Diese werden weiterhin rücksichtslos von den israelischen Verteidigungskräften angegriffen, was ein eklatantes Beispiel für Kriegsverbrechen darstellt. Wir fordern ausserdem mehr internationalen Druck, um sicherzustellen, dass die noch in Gaza tätigen Journalisten ihre Arbeit sicher verrichten können, und um Gerechtigkeit für die viel zu vielen Getöteten zu erreichen. Dieses Massaker muss aufhören.
Rebecca Vincent
Direktorin für Kampagnen von RSF
Mit dem Tod von Ismail al-Ghoul und Rami al-Rifi ist die Zahl der in Gaza getöteten Al Jazeera-Journalisten auf fünf gestiegen, die nach RSF-Informationen alle durch direkte Angriffe ins Visier genommen wurden. Der Journalist Hamza al-Dahdouh – Sohn von Waël al-Dahdouh, dem Leiter des Al Jazeera-Büros in Gaza – und sein Kollege Moustafa Thuraya wurden Anfang Januar durch einen gezielten israelischen Angriff getötet. Einen Monat später wurde Waël al-Dahdouh selbst durch einen weiteren gezielten Drohnenangriff verletzt, bei dem der Al Jazeera-Kameramann Samer Abu Daqqa getötet wurde.
Diese tödlichen Angriffe auf Mitarbeiter von Al Jazeera fielen mit einer anhaltenden Verleumdungskampagne der israelischen Behörden zusammen, die Al Jazeera vorwarfen, ein «Sprachrohr der Hamas» zu sein, das «die israelische Armee bedroht», was zu einem vorübergehenden Verbot des Mediums in Israel und Palästina führte. Das Verbot wurde am 5. Mai um 45 Tage und am 9. Juni um weitere 45 Tage verlängert. RSF hat wiederholt gewarnt, dass die Kampagne gegen Al Jazeera sowie die unaufhörliche Vermischung von Journalismus mit «Terrorismus» Reporter in Gefahr bringt und damit direkt das Recht auf Information überall auf der Welt bedroht.