Die Schweizer Sektion von Reporter ohne Grenzen (RSF) findet es beunruhigend und inakzeptabel, dass die Genfer Staatsanwaltschaft die RTS-Journalistin Cécile Tran-Tien zu einer bedingten Geldstrafe von 60 Tagessätzen verurteilt hat, weil sie im April 2019 um 19.30 Uhr in der Nachrichtensendung darüber berichtet hatte, wie leicht sich Privatpersonen dank 3D-Druck eine Waffe verschaffen konnten.
Die mit grosser Gründlichkeit und einwandfreier Professionalität durchgeführte Recherche der Journalistin von Radio Télévision Suisse (RTS) hatte mit entsprechenden Beweisen gezeigt, dass es durchaus möglich war, sich in der Schweiz dank des 3D-Druck-Verfahrens eine funktionsfähige Waffe zu beschaffen, und zwar ohne jede Kontrolle. Das Thema war von öffentlichem Interesse und verdiente es, der öffentlichen Meinung und vor allem den Behörden bekannt gemacht zu werden, damit sie reagieren konnten.
In einer Strafverfügung vom vergangenen Juli stellte der Genfer Staatsanwalt Olivier Jornot einen Verstoss gegen das Waffengesetz der Journalistin fest, hauptsächlich weil sie selbst eine dieser 3D-Waffen beschafft und transportiert hatte, um sie von einem Experten der Fakultät für Kriminalwissenschaften der Universität Lausanne testen zu lassen.
Ein solches Urteil, das eine journalistische Recherche von unbestreitbarer Relevanz sanktioniert, stellt einen schwerwiegenden und nicht hinnehmbaren Angriff auf das Recht der Öffentlichkeit dar, sich eine eigene Meinung zu Tatsachen von allgemeinem Interesse zu bilden, für die die Medienfreiheit ein Garant ist.
RSF Schweiz begrüsst den Entschluss von RTS, das Urteil vor dem erstinstanzlichen Gericht (Tribunal de police) anzufechten, da es die Informationsfreiheit in unannehmbarer Weise einschränkt. RSF Schweiz hofft, dass die Genfer Justiz diese bedauerliche Entscheidung korrigiert.