Der russische Aussenminister Sergej Lawrow nimmt in Malta am interministeriellen Gipfeltreffen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) teil. Während in Russland 38 Medienschaffende inhaftiert sind (darunter 19 Ukrainer, die in den illegal besetzten Gebieten verhaftet wurden), fordert Reporter ohne Grenzen (RSF) die OSZE-Mitgliedstaaten auf, den Kreml zu deren bedingungsloser Freilassung zu bewegen.

Willkürliche Verhaftungen, Entführungen, Folter, Tod in der Haft… In Russland sitzen 38 Medienschaffende – 19 Russen und 19 Ukrainer – in Haft, weil sie ihren Beruf ausüben und die Propaganda des Kreml ablehnen. Russland ist damit das Land mit den fünftmeisten inhaftierten Medienschaffenden weltweit. All dem zum Trotz wurde der russische Chefdiplomat Sergei Lawrow am 5. Dezember in Malta zum OSZE-Ministerrat erwartet. Es ist sein erster Besuch in einem Land der Europäischen Union seit der grossangelegten Invasion der Ukraine am 24. Februar 2022.

«Während gegen Präsident Wladimir Putin im März 2023 ein Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) erlassen wurde, und während 37 ukrainische und russische Medienschaffenden hinter Gitter und einer unter Hausarrest steht, wird Russland offiziell zu einem OSZE-Treffen in Malta begrüsst. Einige der Medienschaffenden sind verschwunden, andere werden an unbekannten Orten festgehalten. Eine ukrainische Journalistin ist sogar hinter russischen Gittern gestorben. Ein ‹business as usual› kann es so nicht geben! Der Kreml muss zur Rechenschaft gezogen werden. Die OSZE-Mitgliedstaaten müssen von Sergej Lawrow Antworten auf diese Inhaftierungen verlangen und sich für ihre sofortige Freilassung einsetzen.»

Antoine Bernard
Direktor für Anwaltschaft und Unterstützung bei RSF

Jagd auf ukrainische Journalisten

Von den 38 Medienschaffenden, die derzeit von Russland festgehalten werden, sind 19 Ukrainer. Sie alle hatten sich geweigert, mit den russischen Behörden zusammenzuarbeiten. Unter falschen Anschuldigungen wie «Terrorismus» oder «Spionage» wurden sie verhaftet und müssen nun mit bis zu 20 Jahren Haft rechnen. Neun von ihnen wurden darüber hinaus bereits von der russischen Justiz verurteilt

Russland isoliert diese Medienschaffenden und hält sie unter unmenschlichen und erniedrigenden Bedingungen fest – manchmal Tausende Kilometer von der Ukraine entfernt. Der Kreml weigert sich weiterhin, die Orte und Umstände von sieben inhaftierten ukrainischen Medienschaffenden, die nach dem 24. Februar 2022 verhaftet wurden, bekannt zu geben: Dmytro Khyliuk, Yana Suvorova, Heorhiy Levtchenko, Vladyslav Hershon, Anastasia Hloukhovska, Yevheniy Ilchenko sowie  Zhanna Kyselova.

Die Inhaftierung durch die russischen Behörden kostete die ukrainische Journalistin Victoria Roshchyna gar das Leben. Sie verstarb laut offiziellem Schreiben am 19. September 2024 im Gefängnis, nachdem sie bereits im August 2023 verschwunden war.

Vertuschung von Kriegsverbrechen

Mindestens 19 russische Medienschaffenden befinden sich derzeit in Haft oder warten auf ihren Prozess. Die Untersuchungshaft wird oftmals missbräuchlich verlängert und die Inhaftierten sind erniedrigender Behandlung mit mangelndem Zugang zu medizinischer Versorgung ausgesetzt.

Der Kreml nutzt seine juristischen Mittel, um die Realität der von der russischen Armee in der Ukraine begangenen Verbrechen zu verschleiern. Mehrere Medienschaffende wurden inhaftiert, weil sie angeblich «falsche Informationen» über die russische Armee verbreitet hatten. Darunter Maria Ponomarenko, oder Sergej Michailow, die verurteilt wurden, weil sie 2022 über die Bombardierung von Mariupol und die russischen Übergriffe in Butscha nördlich von Kyjiw geschrieben hatten.

Drei Forderungen von RSF

Während Russland nun also am OSZE-Treffen in Malta teilnimmt, fordert RSF die Mitgliedstaaten der Organisation sowie in besonderem Masse die Mitglieder der informellen OSZE-Freundesgruppe für die Sicherheit von Journalisten nachdrücklich auf, zu handeln. Die Staaten werden aufgefordert:

  • sich mit allen Mitteln für die Freilassung  inhaftierter Medienschaffenden sowohl in Russland als auch in den besetzten ukrainischen Gebieten einzusetzen;
  • die russischen Behörden öffentlich dazu zu drängen, den zuständigen internationalen Gremien sowie den Familien der Medienschaffenden genaue und aktuelle Informationen über den Aufenthaltsort und den Gesundheitszustand dieser Gefangenen zur Verfügung zu stellen;
  • darauf zu bestehen, dass die Russische Föderation dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) Zugang zu den verschiedenen Haftanstalten gewährt, in denen Medienschaffende untergebracht sind – sowohl auf russischem Territorium als auch in den illegal besetzten Gebieten, über die Russland Kontrolle hat.

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