Nach Einschätzung von Reporter ohne Grenzen (ROG) Schweiz basiert der Boykott der Walliser Tageszeitung «Le Nouvelliste» durch den FC Sion und dessen Chef Christian Constantin auf veralteten Vorstellungen und muss sofort beendet werden.
Beim Start der Meisterschaft der Fussball-Super-League musste die Walliser Tageszeitung «Le Nouvelliste» am vergangenen Wochenende bekanntgeben, dass sie weiterhin vom FC Sion boykottiert wird. Verhandlungen mit Christian Constantin zur Wiederherstellung einer normalen Situation und zur Beendigung der im vergangenen Jahr in Kraft getretenen Massnahmen sind gescheitert.
Deshalb haben die «Nouvelliste»-Journalisten weiterhin keinen Zugang zur Pressetribüne im Tourbillon-Stadion in Sion und zu den Medienkonferenzen nach den Spielen des FC Sion. Darüber hinaus ist es den Spielern und allen Vereinsvertretern untersagt, mit der Redaktion der Zeitung in Kontakt zu treten.
Als Bedingung für die Aufhebung des Boykotts forderte Christian Constantin, dass «Le Nouvelliste» dem FC Sion jeden Freitag im Jahr eine ganze Seite kostenlos zur Verfügung stellt, die dann von der Kommunikationsabteilung des Clubs gefüllt wird. An dieser Forderung scheiterten die Gespräche zwischen «Nouvelliste» und FC Sion. Die Zeitung konnte dieses empörende Angebot nicht annehmen, das im Gegensatz zu den elementarsten Grundlagen der journalistischen Unabhängigkeit steht und den Leserschaft und Publikum geschuldeten Respekt mit Füssen tritt.
ROG Schweiz begrüsst die Entschlossenheit des «Nouvelliste» und ist beunruhigt darüber, dass der Betreiber eines Sportvereins solche Forderungen stellt. Wir fordern Christian Constantin auf, sich dessen bewusst zu werden, auf den Boden der Vernunft zurückzukehren und unverzüglich seine völlig veralteten Vorstellungen über die Beziehungen zu Medien aufzugeben.
Ein lokaler Akteur vom Gewicht eines FC Sion sollte seine beherrschende Stellung nicht ungestraft missbrauchen können, um die regionale Presse von seiner Gnade abhängig zu machen. ROG Schweiz unterstützt daher die Absicht des «Nouvelliste», Schritte bei den zuständigen Sportbehörden zu unternehmen, und fordert diese auf, gegebenenfalls durch die Schaffung eines Präzedenzfalls, die notwendigen Massnahmen zu ergreifen, um die Respektierung der Informationsfreiheit durchzusetzen.