Im Vorfeld der US-Präsidentschaftswahlen zeigt ein neuer Bericht von Reporter ohne Grenzen (RSF), dass die Pressefreiheit in den vier Swing States Arizona, Florida, Nevada und Pennsylvania stark gefährdet ist. Die wirtschaftliche Lage der Medien ist in den besagten Staaten katastrophal und die Behörden unternehmen nichts gegen Behinderungen an der Arbeit von Journalistinnen und Journalisten. Ausserdem zeigen sich die lokalen Entscheidungsträger zunehmend feindselig gegenüber Medienschaffenden. RSF fordert die Gesetzgeber in den Swing States auf, diese Defizite zu beheben und einen umfassenden Aktionsplan umzusetzen, um die Pressefreiheit im ganzen Land zu stärken.

Im Jahr 2024 liegen die USA auf der RSF-Weltrangliste der Pressefreiheit auf Platz 55. Im Vergleich zum Vorjahr fiel das Land im Ranking damit um zehn Plätze zurück. Im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen am kommenden Dienstag, 5. November, hat RSF nun einen neuen Bericht veröffentlicht: «Press Freedom in the Swing States: The Climate for US Journalism ahead of the 2024 Elections». Darin beleuchtet RSF die Situation der Pressefreiheit in den vier Swing Sates Arizona, Florida, Nevada und Pennsylvania. Umfragen in den vier Staaten unter Journalistinnen und Journalisten sowie Medienschaffenden zeigen, in welchen fünf Kategorien die grössten Herausforderungen lauern: Politik, Recht, soziokultureller Kontext, Wirtschaft sowie Sicherheit. Insbesondere die wirtschaftlichen und politischen Herausforderungen sind dabei besonders gravierend.

In den vier Staaten:

  • sind über 90 Prozent der Befragten der Meinung, dass Beamte Anträge von Medienschaffenden auf Zugang zu öffentlichen Archiven blockieren oder ignorieren
  • sind fast zwei Drittel der Befragten der Meinung, dass es in ihrem Land schwierig ist, mit dem Lohn als Journalist für den eigenen Lebensunterhalt aufzukommen
  • sehen 75 Prozent der Befragten eine tägliche Herausforderung für die Medien, sich wirtschaftlich am Leben zu erhalten.

 

Vollständigen Bericht hier lesen.

 

«Der RSF-Bericht zeigt, dass Medienschaffende in den vier Swing States im Vorfeld der Wahlen 2024 besorgt über die Bedingungen sind, unter denen sie ihren Beruf ausüben können. Die wirtschaftliche Unsicherheit, zunehmend böswillige politische Angriffe sowie mangelnder Zugang zu öffentlichen Dokumenten beschäftigt sie sehr. Ohne Pressefreiheit kann es keine Demokratie geben, daher ist es von entscheidender Bedeutung, diese Probleme, mit denen die Medien in den für die US-Präsidentschaftswahlen entscheidenden Staaten konfrontiert sind, zu verstehen und zu beheben. RSF hofft, dass der vorliegende Bericht als Ausgangspunkt für wichtige Reformen dienen kann: für einen transparenteren Zugang zu Informationen sowie für eine wirtschaftliche Situation, die es dem Journalismus ermöglicht, stärker zu werden.»

Clayton Weimers
Leiter des Nordamerika-Büros von RSF

Der RSF-Bericht zeigt zudem, dass:

  • Nevada derjenige Staat der vier untersuchten Swing States ist, in dem die Pressefreiheit noch am besten gewährleistet ist
  • Arizona in politischer Hinsicht am meisten Probleme aufweist. Das widerspiegelt gemäss RSF auch die Feindseligkeit der dortigen Politikerinnen und Politiker gegenüber den Medien
  • Florida die grössten sogenannten Nachrichten- oder Informationswüsten des Landes aufweist, da dort mehr als 300’000 Bürgerinnen und Bürger keinen Zugang mehr zu lokalen Nachrichten haben. Der Staat hat darüber hinaus kein Gesetz zum Schutz der Presse und das dortige Anti-SLAPP-Gesetz, das missbräuchliche Gerichtsverfahren gegen Medien bekämpfen soll, ist zu vage. Journalistinnen und Journalisten sind somit weiterhin der Gefahr von gerichtlicher Einschüchterung über ihre Recherchen ausgesetzt
  • Medien Pennsylvania in ernsthaften wirtschaftlichen Schwierigkeiten stecken und Medienschaffende keinen angemessenen Lohn für ihre Arbeit mehr erwarten können. Ausserdem sind sie im Bundesstaat mit zunehmenden Feindseligkeiten seitens der breiten Öffentlichkeit sowie seitens der Kommunalpolitiker konfrontiert.
Die Empfehlungen von RSF

Die im Bericht aufgezeigten Defizite hinsichtlich der Pressefreiheit können allerdings durch politische Reformen behoben werden. RSF fordert die Gesetzgeber in den vier Swing States darum dazu auf, den Zugang der Medien zu öffentlichen Archiven zu verbessern: Etwa indem sie diese Stellen ausreichend finanzieren, sodass das Personal dafür sorgen kann, die Anfragen der Medienschaffenden nach Zugang zu den Dokumenten angemessen zu beantworten. Oder indem Sie einfache und einheitliche Verfahren mit klaren Fristen einführen, was durch eine bessere Ausbildung der Beamten – speziell auch für die Arbeit mit Medienschaffenden – möglich wäre. Oder indem sie auf politischer Ebene mit gutem Beispiel vorangehen und eine Kultur der Transparenz fördern.

Eine weitere im Bericht vorherrschende Sorge ist die Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage der Medien. Die immer grösser werdenden Informationswüsten sind eine Gefahr für die demokratische Funktionsweise eines jeden Staates, nicht nur der vier untersuchten Swing States. Es liegt daher an jedem Staat und an jeder Regierung, Wege zu finden, um das wirtschaftliche Überleben der Medien zu garantieren – zum Beispiel mit einer grösseren öffentlichen Finanzierung, mit Steuererleichterungen für lokale Medien, mit Steuererleichterungen für das Abschliessen eines Abonnements, oder mit einer Politik, die sicherstellt, dass grosse Internetplattformen die Nachrichtenmedien für die Nutzung derer Inhalte angemessen bezahlen.

Die Ergebnisse des Berichts unterstreichen einmal mehr, dass die politischen Entscheidungsträger in den USA mehr tun müssen, um die Pressefreiheit im Land zu stärken. Der 10-Punkte-Plan für Pressefreiheit von RSF zeigt auf, wie die nächste Präsidentin oder der nächste Präsident die Pressefreiheit verbessern und Amerikas Position als Vorbild und Leuchtturm in diesem Bereich wiederherstellen kann.

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