Reporter ohne Grenzen (ROG) ruft mit einer Petition zu einer grossen internationalen Kampagne auf, um den Freispruch seines türkischen Vertreters Erol Önderoğlu und zweier weiterer Menschenrechtsaktivisten zu fordern. Ihnen drohen Strafen bis zu 14 ½ Jahren Gefängnis. Das Urteil wird am 15. April bekanntgegeben.

Nach einem mehr als zwei Jahre dauernden Verfahren präsentierte der Staatsanwalt am 27. Februar den Fall gegen Erol Önderoğlu, Şebnem Korur Fincancı und Ahmet Nesin. Seine Beschuldigungen: «terroristische Propaganda», «Duldung von Verbrechen» und «Anstiftung zur Kriminalität». Das einzige «Verbrechen», das die drei begangen haben, war ihre Unterstützung der verfolgten kurdischen Zeitung Özgür Gündem.

Als Zeichen der Solidarität nahm eine internationale ROG-Delegation unter der Leitung von Christophe Deloire, Generalsekretär von ROG International, am 27. Februar an der Anhörung teil. «Die Urteile, die für unseren Vertreter und seine Kollegen gefordert werden, sind ein Schlag ins Gesicht der Informationsfreiheit», sagte Deloire: «Wir fordern das Gericht auf, diese schreckliche Farce zu beenden und sie freizusprechen. Erol Önderoğlu hat sein Leben der Verteidigung verfolgter Journalistenkollegen gewidmet. Ihn ins Gefängnis zu werfen, wäre eine grosse Ungerechtigkeit und ein erschreckendes Signal an die Welt und die türkische Zivilgesellschaft. Wir rufen alle, die sich für die Informationsfreiheit einsetzen, auf, sich für ihn zu engagieren.»

Önderoğlu, Fincancı und Nesin werden wegen ihrer Teilnahme an einer Solidaritätskampagne angeklagt. Sie hatten Mitte 2016 wie rund 50 weitere bekannte Persönlichkeiten symbolisch für einen Tag die Zeitung Özgür Gündem geleitet, die gerichtlich verfolgt wurde. Dies, um die Medienvielfalt zu verteidigen. Özgür Gündem wurde im August 2016 gewaltsam geschlossen.

Der ROG-Vertreter und seine beiden Mitangeklagten sind die einzigen Teilnehmer dieser Kampagne, die in der Folge verhaftet und rund zehn Tage in Untersuchungshaft gehalten wurden. Erol Önderoğlu wird wegen drei Artikeln belangt, die Özgür Gündem am 18. Mai 2016 veröffentlicht hat. Sie berichteten über die Machtkämpfe zwischen verschiedenen Zweigen der türkischen Sicherheitskräfte und Operationen gegen Mitglieder der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei (PKK) in Südostanatolien.

Önderoğlu ist das Opfer eines Missbrauchs, den er seit Jahrzehnten anprangert: die Anwendung von Antiterrorgesetzen, um Medienschaffende zum Schweigen zu bringen. Diese unklar formulierten Rechtsvorschriften sind ein Eckpfeiler der Repression in der Türkei. Die Europäische Union und andere internationale Partner Ankaras fordern bereits seit Jahren, dass sie reformiert werden müssen. 51 Journalisten und Medienmitarbeitende wurden allein im letzten Quartal 2018 wegen «Propaganda für eine terroristische Organisation», oder weil sie aus Medienmitteilungen dieser Organisationen zitiert hatten, strafrechtlich verfolgt.

Die bereits vorher besorgniserregende Situation der türkischen Medien ist seit dem missglückten Putsch im Juli 2016 kritisch geworden. Viele Medien wurden kurzerhand geschlossen, ohne jede Rekursmöglichkeit, und es finden Massenverurteilungen statt. Die Türkei hält heute den «Weltrekord» für die Zahl der inhaftierten professionellen Medienschaffenden. In der ROG-Rangliste der Informationsfreiheit belegt sie Platz 157 von 180 Ländern.

Petition unterzeichnen: HIER

 

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