as Genfer Polizeigericht hat die RTS-Journalistin Cécile Tran-Tien wegen Verstosses gegen das Waffengesetz für schuldig befunden, weil sie bei den Vorarbeiten für eine Reportage über die Herstellung von Schusswaffen mit dem 3D-Druckverfahren nicht alle gesetzlichen Vorgaben eingehalten hat. Es wurde jedoch keine Strafe gegen sie ausgesprochen. RSF Schweiz begrüsst die Tatsache, dass das Genfer Gericht die unannehmbar harte Strafe des Staatsanwalts von letztem Jahr gestrichen hat, bedauert aber, dass das Gericht der Pressefreiheit nicht den Vorrang gegeben hat, indem es einen klaren Freispruch aussprach.

Die Journalistin hatte die Pläne aus dem Netz heruntergeladen und die Teile per 3D-Druck drucken und zu einer Plastikwaffe zusammenbauen lassen. Ihre Reportage, die am 7. April 2019 in der Sendung 19:30 ausgestrahlt wurde, zielte darauf ab, die Öffentlichkeit und die Behörden zu alarmieren, indem sie zeigte, wie einfach es für Einzelpersonen war, solche Waffen herzustellen, insbesondere dank der mangelnden Wachsamkeit bestimmter 3D-Drucker.

Das Gericht bemängelte, dass sie dabei nicht alle Vorschriften beachtet und insbesondere nicht die notwendigen Genehmigungen für ihr Vorgehen eingeholt hatte. Anders als die Staatsanwaltschaft anerkennt das Genfer Polizeigericht nun zumindest teilweise, dass eine formalistische Anwendung des Gesetzes, das die «Bekämpfung des Waffenmissbrauchs» zum Ziel hat, in diesem konkreten Fall keinen Platz hat.

RSF Schweiz bedauert jedoch, dass die Genfer Justiz angesichts dieser Situation, die eine Grundsatzfrage aufwirft, der von der Verfassung und der Europäischen Menschenrechtskonvention garantierten Pressefreiheit keinen höheren Stellenwert eingeräumt hat.

RSF Schweiz hatte bereits Gelegenheit, sich dafür einzusetzen, dass das Strafrecht bei Fällen, in denen es um Journalismus geht, mit grösserer Rücksicht auf die durch die Verfassung garantierte Pressefreiheit angewendet wird. Letztes Jahr unterstützte unsere Organisation die Luzerner Journalistin Jana Avanzini, die wegen Hausfriedensbruchs verurteilt wurde, weil sie ohne Erlaubnis des Eigentümers eine von Aktivisten illegal besetzte Villa betreten hatte, um eine Reportage darüber zu schreiben. Ihre Verurteilung wurde schliesslich vom Bundesgericht aufgehoben, allerdings eher aus prozessualen als aus grundsätzlichen Gründen.

RSF Schweiz ist der Meinung, dass die Strafgerichte systematisch eine ernsthafte und begründete Analyse der Vereinbarkeit einer möglichen Verurteilung von Medienschaffenden mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte durchführen sollten, der die Pressefreiheit sehr schützt. Dies wird jedoch in der Praxis der Schweizer Gerichte noch nicht ausreichend berücksichtigt.

Partagez cet article !