Mindestens 103 Journalistinnen und Journalisten wurden in den letzten fünf Monaten durch israelische Angriffe im Gazastreifen getötet. «Israel erstickt den Journalismus in Gaza», so das Fazit von Reporter ohne Grenzen (RSF) International. RSF hat unter anderem beim Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) zwei Klagen wegen Kriegsverbrechen eingereicht.

Es ist eine erschreckende Zahl: Mindestens 103 Medienschaffende wurden in den letzten fünf Monaten von den israelischen Streitkräften (IDF) in Gaza getötet. «Eine Tragödie für den palästinensischen Journalismus», so Reporter ohne Grenzen (RSF) International. 91 Journalisten und 12 Journalistinnen, die für Fernsehen, Radio, Printmedien und Multimedia arbeiteten, Fotografen und Kameraleute, sie alle Palästinenserinnen und Palästinenser, sind Kriegsopfer geworden Sie wurden an verschiedenen Orten im Gazastreifen getötet, vom Norden bis zum Süden und auch in Khan Yunis, was zeigt, dass kein Teil des Gazastreifens eine Zuflucht bietet.

Nach den bisher von RSF gesammelten Informationen wurden mindestens 22 dieser Journalisten bei ihrer Arbeit oder aufgrund ihrer Arbeit getötet. Viele von ihnen berichteten vor Ort und waren eindeutig als Journalisten zu erkennen. Andere wurden durch Angriffe getötet, die speziell auf ihre Häuser abzielten.

Die Unterdrückung des Journalismus nahm auch andere Formen an: «Israel erstickt den Journalismus in Gaza», konstatierte RSF. Seit dem 7. Oktober wurden viele Medien in Gaza durch israelische Luftangriffe ganz oder teilweise zerstört. So wurden etwa die meisten der 24 Radiosender, die über den Äther oder online senden und zu den wichtigsten Nachrichtenquellen im Gazastreifen gehören, durch die Luftangriffe und Bombardierungen oder durch die israelische Blockade, die sie an der Versorgung mit Treibstoff hindert, zum Schweigen gebracht.

Eine Woche nach Kriegsbeginn forderte RSF «die israelischen Behörden nachdrücklich auf, den militärischen Praktiken ein Ende zu setzen, die gegen das Völkerrecht verstossen und den Tod von Zivilisten, einschliesslich Journalisten, zur Folge haben», wie Christophe Deloire, RSF-Generalsekretär, sagte. RSF appellierte an die beteiligten Parteien, «ihren Verpflichtungen zum Schutz von Journalisten während Konflikten nachzukommen, und an die internationalen Institutionen, dafür zu sorgen, dass diese Schutzmassnahmen auch eingehalten werden».

RSF hat in der Zwischenzeit beim Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) zwei Klagen wegen Kriegsverbrechen eingereicht, die erste Anfang November 2023, die zweite gegen Ende Dezember 2023. Beide Klagen betrafen konkrete Fälle von Medienschaffenden, die getötet worden waren, in beiden Beschwerden fordert RSF den Ankläger des IStGH aber darüber hinaus auf, alle Todesfälle von Journalistinnen und Journalisten in der Region zu untersuchen. «Angesichts des Massakers an Journalisten in Gaza und der gezielten Angriffe auf sie, fordern wir den Ankläger des Internationalen Strafgerichtshofs, Karim Khan, auf, deutlich zu machen, dass er der Aufklärung der Verbrechen an Journalisten in Gaza und der Verfolgung der Verantwortlichen Priorität einräumt», so Christophe Deloire.

Ausserdem hat RSF anlässlich eines Treffens im Weissen Haus hochrangige Vertreter des Nationalen Sicherheitsrates aufgefordert, mehr für den Schutz von Journalisten in Gaza zu tun. Die strengen Beschränkungen für die Einfuhr von Gütern, so RSF, mache es fast unmöglich, Journalisten vor Ort in Gaza mit Ressourcen zu versorgen, etwa mit so grundlegenden Dingen wie Telefone, Ladegeräte und Kameras. RSF forderte zudem, dass Journalisten, die sich im Gazastreifen aufhalten, ausreisen können, und dass Vertreterinnen und Vertreter von internationalen Medien der Zugang zu Gaza ermöglicht wird. Zwar gab es Medienvertreter, die einreisen durften – doch nur wenn sie mit den israelischen Streitkräften (IDF) unterwegs waren und sich strengen Regeln unterwarfen: «Eingebettete Berichterstattung ist zwar wertvoll, aber sie ist kein Ersatz für eine unabhängige Berichterstattung», so RSF.

Im Februar dieses Jahres veröffentlichten RSF, die International Federation of Journalists (IFJ) und Journalism & Citizenship (J&C) einen Appell, in dem sie «das Massaker an palästinensischen Journalisten» verurteilten und an Regierungen und internationale Organisationen, appellierten, Druck auf Israel auszuüben, «damit dieses Gemetzel beendet wird». Sie forderten insbesondere, dass die israelische Regierung ihrer Armee «ausdrückliche» Anweisungen erteilte, «Verpflichtungen nach dem humanitären Völkerrecht zum Schutz von Journalisten strikt einzuhalten» sowie dass der Grenzübergangs Rafah geöffnet wird, um internationalen Medien endlich die Einreise in den Gazastreifen sowie palästinensischen Journalisten die Ausreise aus dem Gazastreifen zu ermöglichen. Zudem sollen sichere Zufluchtsorte für Journalisten, die über den Krieg im Gazastreifen berichten, festgelegt werden und die Lieferung von Schutzkleidung und professioneller Ausrüstung für Journalisten, die weiterhin in und um das Kriegsgebiet arbeiten, erleichtert werden.

RSF hat im März als Reaktion auf den Gaza-Krieg in Beirut ein regionales Zentrum für Pressefreiheit eröffnet. Journalistinnen und Journalisten können dort arbeiten. RSF bietet mit lokalen Partnern Schulungen zur physischen und digitalen Sicherheit an, insbesondere für Medienschaffende, die nach Palästina reisen wollen. Auch psychologische Unterstützung und Rechtsbeistand sowie Schutzausrüstungen für gefährliche Bereiche wie etwa kugelsichere Westen, Helme, Erste-Hilfe-Kästen werden zur Verfügung gestellt. Bereits vorher hatte RSF mit Hilfe ihres lokalen Partners, Arab Reporters for Investigative Journalism (ARIJ), Arbeitsräume in Gaza eingerichtet, um Journalistinnen und Journalisten im Gazastreifen mit professioneller Ausrüstung und lebensnotwendigen Produkten zu versorgen.

Quelle: RSF International www.rsf.org

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