Die Rangliste der Pressefreiheit 2020 von Reporter ohne Grenzen (RSF) zeigt, dass das kommende Jahrzehnt für die Zukunft des Journalismus entscheidend sein wird. Die Schweiz liegt auf Rang 8.

Die Rangliste bewertet jährlich die Situation für Medienschaffende in 180 Ländern und Territorien. Die Ausgabe 2020 deutet darauf hin, dass die nächsten zehn Jahre wahrscheinlich ein entscheidendes Jahrzehnt für die Informationsfreiheit sein werden, da verschiedenen Krisen die Zukunft des Journalismus beeinflussen werden. Es handelt sich um eine geopolitische Krise (aufgrund der Aggressivität autoritärer Regimes), eine technologische Krise (aufgrund mangelnder demokratischer Garantien), eine demokratische Krise (aufgrund von Polarisierung und repressiver Politik), eine Vertrauenskrise (aufgrund von Misstrauen und sogar Hass gegenüber den Medien) und eine wirtschaftliche Krise (Verarmung des Qualitätsjournalismus). Die Corona- Pandemie verdeutlicht und verstärkt die zahlreichen Krisen, die das Recht auf freie, unabhängige, vielfältige und zuverlässige Informationen bedrohen.

Zu diesen fünf Krisenbereichen – deren Auswirkungen mit der Methodik der Rangliste bewertet werden können – kommt nun eine globale Gesundheitskrise. «Wir treten in ein entscheidendes Jahrzehnt für den Journalismus ein, das mit Krisen verbunden ist, die seine Zukunft betreffen», sagt Christophe Deloire, Generalsekretär von RSF International. «Die Corona-Pandemie veranschaulicht die negativen Faktoren, die das Recht auf zuverlässige Informationen bedrohen, ist aber gleichzeitig selbst ein verschärfenden Faktor. Wie werden Informationsfreiheit, Pluralismus und Verlässlichkeit im Jahr 2030 aussehen? Die Antwort auf diese Frage wird heute festgelegt.»

Rangliste Regionen

Europa und Balkan ist nach wie vor die für die Informationsfreiheit günstigste Region, trotz der repressiven Politik in einigen Ländern. Auf Rang zwei liegt Amerika, also Nord-, Mittel- und Südamerika, auch wenn die regionalen Schwergewichte, die USA (Rang 45/+3) und Brasilien (Rang 107/-2), sich zu wahren Anti-Modellen entwickeln. Afrika, das an dritter Stelle steht, verzeichnet erhebliche Rückschläge, insbesondere aufgrund einer Zunahme von willkürlichen Langzeitverhaftungen und Online-Angriffen.

In der Region Asien-Pazifik hat die Zahl der Verletzungen der Pressefreiheit am stärksten zugenommen – um 1,7 Prozent. Australien (Rang 26/-5), früher das Vorbild in der Region, ist, weil nun Quellenschutz und investigativer Journalismus bedroht sind, zurückgefallen. Zwei weitere Länder trugen ebenfalls erheblich zum Anstieg der Zahl der Verletzungen der Informationsfreiheit in der Region bei: Singapur (Rang 158/-7) und Hongkong (Rang 80/-7). In Singapur ist hauptsächlich das neue «Fake News»-Gesetz dafür verantwortlich; das Land ist nun auf der Karte der Pressefreiheit schwarz gefärbt. Der Rangverlust Hongkongs hingegen wurde durch den Umgang mit Medienschaffenden bei den pro-demokratischen Demonstrationen verursacht.

Die Region Osteuropa und Zentralasien bleibt auf dem vorletzten Platz der Rangliste der Regionen, den sie seit Jahren innehat. Die Region Naher Osten und Nordafrika liegt auf dem letzten Platz und ist nach wie vor die für Medienschaffende gefährlichste Region der Welt. Die kürzlich erfolgte Festnahme von Khaled Drareni, Journalist und RSF-Korrespondent in Algerien (Rang 146/-5), zeigt, wie die Behörden in einigen Ländern die Corona-Pandemie dazu ausnutzen, mit unabhängigen Journalisten abzurechnen.

Rangliste Länder

Norwegen steht 2020 zum vierten Mal in Folge auf Platz eins der Rangliste, Finnland belegt erneut den zweiten Platz. Dänemark (Rang 3/+2) folgt danach. Schweden (Rang 4/-1) wie auch die Niederlande (Rang 5/-1) sind leicht zurückgefallen, was auf einen Anstieg von Fällen von Cyberstalking zurückzuführen ist. Am Ende der Rangliste hat sich wenig verändert: Nordkorea (Rang 180/-1) hat den letzten Platz von Turkmenistan (Rang 179/+1) übernommen. Eritrea (Rang 178/0) ist nach wie vor das am schlechtesten bewertete Land Afrikas.

Malaysia (Rang 101/+22) und die Malediven (Rang 79/+19) verzeichnen die grössten positiven Veränderungen in der Rangliste; in beiden Staaten kam es nach Wahlen zu einem Regierungswechsel. Die Situation im Sudan (Rang 159/+16) hat sich nach dem Sturz von Omar al-Bashir ebenfalls stark verbessert. Am stärksten zurückgefallen ist Haiti (Rang 83/-21), wo Medienschaffende bei gewaltsamen landesweiten Protesten oft zum Ziel von Angriffen wurden. Die beiden anderen grössten Rangverluste gab es in Afrika: Sowohl die Komoren (Rang 75/-19) wie auch Benin (Rang 113/-17) verzeichneten einen Anstieg von Verletzungen der Informationsfreiheit.

Schweiz auf Rang 8

Die Schweiz belegt den achten Platz. Im Vorjahr lag sie noch auf Rang sechs. Das Ergebnis bleibt im Vergleich zu 2019 jedoch stabil; die Situation der Pressefreiheit in der Schweiz hat sich nicht verschlechtert. Das Ergebnis entstand, weil sich zwei Länder auf dem amerikanischen Kontinent, Jamaika und Costa Rica, verbessert haben.

Wichtig ist: Die Rangliste beruht auf Daten, die vor der Corona-Krise erhoben wurden, die dramatische Auswirkungen auf die wirtschaftliche Situation der Medien und die Informationsfreiheit hat.

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