RSF Schweiz begrüsst das Urteil des Bundesgerichts vom Donnerstag, 12. Dezember, welches die RTS-Journalistin Cécile Tran-Tien vom Vorwurf der Verletzung des Waffengesetzes freispricht. Dieser Entscheid, der der Pressefreiheit Vorrang vor der strikten Anwendung des Strafrechts auf Medienschaffende einräumt, sollte zum Präzedenzfall werden.

Die Journalistin war von der Genfer Justiz verurteilt worden, weil sie bei der Vorbereitung einer Reportage eine Waffe mithilfe eines 3D-Druckers hatte herstellen lassen. Anschliessend hatte sie die Waffe zusammengebaut und zwischen Genf und Lausanne transportiert, ohne über die erforderlichen Genehmigungen zu verfügen. Der Fernsehbeitrag, der im April 2019 in der Sendung «19:30» im Westschweizer Fernsehen ausgestrahlt wurde, sollte aufzeigen, wie leicht es für Privatpersonen ist, solche Waffen herstellen zu lassen – vor allem dank mangelnder Wachsamkeit und Vorsicht seitens der Experten rund um den 3D-Druck.

Sehen Sie sich hier das Interview mit dem Generalsekretär von RSF-Schweiz in den «19:30»-Nachrichten von RTS an

Das Bundesgericht widersprach nun heute der Genfer Justiz und entschied, dass die Pressefreiheit in diesem Fall Vorrang vor der formalen Anwendung des Waffenrechts haben müsse. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, so erinnerten die Richter, schütze nicht nur die Veröffentlichung von Informationen von öffentlichem Interesse, sondern auch die Recherchen und Nachforschungen, die für die Veröffentlichung ebendieser Informationen notwendig seien.

Medienschaffende stehen nicht über dem Gesetz. Aber die Gesetze müssen unter Berücksichtigung des Schutzes der Grundrechte, den die Verfassung und das Völkerrecht bieten, angewendet werden. Im vorliegenden Fall wurden die mit den Waffengesetzen verfolgten Ziele – der Schutz der öffentlichen Sicherheit und Bekämpfung der Verbreitung von Waffen – nicht durch das Verhalten der Journalistin beeinträchtigt. Vielmehr versuchte diese, die Öffentlichkeit und die Behörden vor der Gefahr dieser Art von Waffen zu warnen.

«Wir sind besonders erfreut, dass das Bundesgericht in diesem Fall der Pressefreiheit zum Sieg verholfen hat. Dies hätten wir uns bereits für das erstinstanzliche Urteil erhofft. Wir wünschen uns, dass die Gerichte in der Schweiz in Zukunft grundsätzlich alle Konsequenzen ziehen werden, die sich aus der herausragenden Stellung der Pressefreiheit im schweizerischen und internationalen Rechtsrahmen ergeben. Denn noch immer geschieht das längst nicht systematisch.»

Denis Masmejan
Generalsekretär von RSF Schweiz

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